Egal, welchen Fakten du glaubst, unser Leben hat sich in den letzten Wochen drastisch verändert. Eine Antwort zu finden auf die Frage «Warum?» bringt keinen weiter. Andererseits hat sich unser Leben auch vorher ständig verändert und vielleicht sehen wir diese konstante Veränderung heute bewusster.

Manchmal ist es so, dass man erst dann merkt, was man alles als selbstverständlich hingenommen hat, wenn es plötzlich fehlt. Auch meine Pläne, die ich für das Jahr hatte – meine beruflichen, ebenso wie meine Urlaubs- und Reisepläne – sind von heute auf morgen nicht mehr in der ursprünglichen Form realisierbar.

Für manche Teilbereiche unseres Lebens hat jemand anders die Regie übernommen. Fühlt sich ab und zu so an, als ob man im falschen Film sässe.

Die Inszenierung eines Regisseurs stellt ein eigenständiges künstlerisches Werk dar. Der englische Begriff «Director» gefällt mir besser als Regisseur, weil ein Direktor Direktiven gibt, also bestimmt, wo es langgeht.

Er oder sie besitzen einen erheblichen Anteil des Urheberrechts am entstandenen Stück. Beim Film hat der Regisseur mehrere Mit-Urheber wie Kameramann, Drehbuchautor und Filmkomponist.

Dann braucht er die passenden Schauspieler für die jeweiligen Rollen.

Jetzt kommt das Grossartige. Jeder von uns ist Direktor, Schauspieler, Kamerafrau und Art-Direktor für sein Leben, in einer Person.

Man kann also bestimmen, ob es ein Thriller, eine Tragödie, Abenteuer-, Horror-, Action-, Sexfilm, Drama, Komödie oder Doku wird – immer ist jeder Film ein Kunstobjekt. Über Kunst kann man nicht streiten.

Nur einen Fehler darf man nicht machen: Dinge beeinflussen wollen, die man nicht beeinflussen kann. Dies haben schon die Stoiker (damals war es Theater), vor mehr als zweitausend Jahren und moderner, Stephen Covey, festgestellt.

Eigentlich ist es klar und doch macht der eine oder andere Direktor seines Lebens hin und wieder den gleichen Fehler. Gut ist, dass man aus Fehlern lernt.

In Coveys Klassiker «The 7 Habits of Highly Effective People” stellte er ein Werkzeug vor, dessen sich jeder Direktor bewusst sein darf.

(Dt. «Die Sieben Wege zur Effektivität. Prinzipien für persönlichen und beruflichen Erfolg», Erstauflage war im Jahr 1989 und ist heute in der 51., überarbeiteten Auflage erhältlich)

Die zwei Kreise

Jede Situation, so schreibt er, lässt sich in zwei Kreise einteilen: Den Kreis der Besorgnis, in dem sich Fakten befinden, auf die wir wenig oder keinen Einfluss haben, und den Zirkel des Einflusses, der aus Dingen besteht, die wir kontrollieren können.

Um zu sehen, wie es funktioniert, wenden wir diese Idee auf das an, was im Moment unsere Sorgen beherrscht: die Coronavirus-Pandemie.

Im Kreis der Besorgnis stellen wir fest, dass viele äussere Ereignisse – wie die Nachrichten, das Handeln anderer Menschen inmitten der Panik und der Ausbruch selbst – Sachen sind, die uns beunruhigen, sich aber ausserhalb unserer Einflussnahme befinden.

Im Gegensatz dazu finden sich im weissen Bereich einschliesslich unserer Einstellung und unseres Verhaltens (was wir im Fernsehen sehen und mit wem wir uns umgeben, etc.) all jene Dinge, die innerhalb unserer Kontrolle liegen.

Es ist wichtig, zu verstehen, dass die Kreise schrumpfen oder sich ausdehnen, je nachdem, worauf wir unseren Fokus und unsere Bemühungen richten. Wenn wir von äusseren Ereignissen besessen sind – von der weltweiten Zahl der Todesopfer oder davon, wie sich die Krankheit auf die Wirtschaft auswirkt – wird unser Verstand überreagieren. Als Folge stressen wir uns und vergrössern unseren Kreis der Besorgnis.

Nicht die Dinge selbst, sondern die Vorstellungen von den Dingen beunruhigen die Menschen.

(Epiktet, Handbüchlein, 5)

Wir haben einen beschränkten Energiehaushalt – auch im Hirn. Wenn wir uns zu sehr auf den Kreis der Besorgnis fokussieren, dann nimmt die Besorgnis mehr Platz ein, kostet uns Energie und diese fehlt uns dann bei den Aufgaben, die wir beeinflussen können.

Die Idee ist einfach: Indem wir uns mehr auf die Dinge konzentrieren, die wir kontrollieren können, erweitern wir unseren Einflusskreis auf uns selbst. Wir sind selbstverantwortlich und selbstbestimmt. Das hat einen positiven Einfluss auf die Menschen um uns herum. Wenn alle damit aufhören würden, Panikkäufe zu tätigen, dramatische Behauptungen in sozialen Medien zu veröffentlichen und stattdessen damit beginnen würden, sich um jenes zu kümmern, über was sie Kontrolle haben, dann müssten wir uns weniger Sorgen machen.

Wenn wir uns auf den Kreis der Besorgnis konzentrieren, dann lassen wir zu, dass wir von aussen kontrolliert werden. Dies bedeutet, dass wir die Macht über unsere Gefühle an die Aussenwelt abgeben. Wenn wir uns hingegen auf den Kreis des Einflusses konzentrieren, dann haben wir das Sagen.

Angst ist auch etwas Gutes, weil sie uns vor Schaden schützt – aber zu verstehen, dass wir unsere Gedanken und damit unseren Energiefluss beeinflussen und in Richtungen lenken können, die es vereinfachen, klarer durch diese aussergewöhnlichen Zeiten zu navigieren, gibt uns die Macht über unsere Gefühle und damit die Kontrolle, wie wir mit uns selbst und mit unserem direkten Umfeld umgehen. Damit entscheiden wir, welchen Film wir drehen – und dann sind wir nicht mehr im falschen.

Das eine steht in unserer Macht, das andere nicht. In unserer Macht stehen: Annehmen und Auffassen, Handelnwollen, Begehren und Ablehnen – alles, was wir selbst in Gang setzen und zu verantworten haben. Nicht in unserer Macht stehen: unser Körper, unser Besitz, unser gesellschaftliches Ansehen, unsere Stellung – kurz: alles, was wir selbst nicht in Gang setzen und zu verantworten haben.

(Epiktet, Handbüchlein, nach Die Weisheit der Stoiker, Pos. 413)

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