Beim Wellenreiten sind wir uns einig: Es ist nicht möglich, Wellenreiten zu lernen, indem du ein Buch darüber liest. Surfen im Internet kannst du, aber Wellenreiten lernt sich nur im kalten Wasser und nur dort, wo es Wellen hat. Es ist nicht angenehm, in die kalten Fluten zu steigen und auch das eine oder andere Mal vom Brett zu fallen. Aber, nach solch einem Tag im Meer, hast du so viele Eindrücke und Erfahrungen am eigenen Leib gespürt, dass du wirklich was gelernt hast.

Du hast Ziele im Leben, ich habe Ziele im Leben – und wenn ich von mir auf dich schliessen darf, dann versetzt allein der Gedanke an deine Ziele und deren Planung dich in grossartige, manchmal euphorische Stimmung.

Wenn ich noch einmal von mir auf dich schliessen darf, dann hast du auch schon mal nicht alles, also nicht dein Bestes, für den Erfolg gegeben. Wir machen Pläne für unser zukünftiges Selbst, aber wenn wir dringend Massnahmen ergreifen sollten, um unsere Pläne voranzubringen, entscheiden wir uns dafür, uns selbst in die Quere zu kommen. Oft unbewusst – wir zweifeln und zögern, wir werden selbstkritisch, finden Ausreden oder Besseres zu tun.

Warum aber passiert das ausgerechnet bei den Themen, die uns so wichtig sind? Wieso wissen wir oft genau, welche Schritte für unsere persönliche oder berufliche Entwicklung wichtig wären und gehen sie einfach nicht? Wieso schieben wir ausgerechnet die wichtigsten To-Dos immer wieder vor uns her?

Sich selbst im Weg stehen. Ein Brett vor dem Kopf haben. Egal, wie du es nennst: Der innere Kritiker, Feind oder das Opfer – du bist für dich selbst verantwortlich, wenn du deine Ziele nicht erreichst oder dich nicht auf den Weg machst.

Dahinter steckt oft eine Form der Selbstsabotage, die unter anderem dadurch entsteht, dass wir unbewusst Angst davor haben, erfolgreich zu sein. In unserem Bewusstsein äussert sich diese Angst dann zum Beispiel durch mangelndes Selbstvertrauen, durch Aufschieberei oder Lethargie. Wir nehmen uns immer wieder vor, bestimmte Themen in Angriff zu nehmen, machen es dann aber wieder und wieder nicht. Die Art und Weise, wie wir uns von unserem Ziel abhalten, kann dabei ganz unterschiedlich sein.

Selbstsabotage

Sabotage = «absichtliches Verpfuschen». Zugrunde liegt das französische Wort ‘sabot’ «Holzschuh», das von einer Variante von ‘savate’ «alter Schuh» stammt. ‘Saboter’ bedeutete «Holzschuhe herstellen, in Holzschuhen herumtappen», und mit Holzschuhen vollzog sich auch der erste Sabotageakt: Französische Landarbeiter warfen zur Zeit der beginnenden Mechanisierung der Landwirtschaft ihre Holzschuhe in die Feldmaschinen, durch die sie ihre Arbeitsplätze gefährdet sahen. Die Geräte wurden dadurch unbrauchbar.

Menschen wollen sich selten selbst sabotieren. Es ist in der Regel keine bewusste Entscheidung, sich selbst im Weg zu stehen. Warum kommen wir uns dann selbst in die Quere? Studien haben das selbstsabotierende Verhalten mit der Selbsterhaltung korreliert.

Selbstsabotage hat viel mit dem menschlichen Verhalten zu tun. Judy Ho (Ph.D., ABPP, klinische und forensische Neuropsychologin und Associate Professor of Psychology, Pepperdine University) argumentiert, dass die Bereitschaft zur Selbstsabotage in unsere Neurobiologie eingebaut ist, was uns menschlich macht.

Sie erklärt: «Die Quelle der Selbst-Sabotage ist Teil einer gemeinsamen angestammten und evolutionären Anpassung, die es uns ermöglicht hat, überhaupt als Spezies zu überleben. Um zu verstehen, wie Selbstsabotage mit unserer menschlichen Existenz verbunden ist, müssen wir einen Blick auf die beiden einfachen Prinzipien werfen, die unser Überleben bestimmen: Belohnung und Vermeidung von Bedrohungen.»

Das menschliche Gehirn ist so verdrahtet, sich an das Vertraute zu klammern und das Risiko zu überschätzen. Das heisst also, dass wir uns für den vertrauten, komfortablen und einfachen oder bequemen Weg entscheiden – auch wenn eine andere Option einen klaren Vorteil bieten würde. Keine Entscheidung zu treffen, ist auch eine Entscheidung. Frei nach Watzlawick: Man kann nicht nicht entscheiden.

Aber, diese Tendenz, bekannt als die heuristische Vertrautheit, führt dazu, die Dinge, die wir wissen, überzubewerten und die Dinge, die uns unbekannt sind, zu unterschätzen.

Gay Hendricks PhD (The Big Leap: Conquer Your Hidden Fear and Take Life to the Next Level) erklärt: «Jeder von uns hat eine innere Thermostateinstellung, die bestimmt, wie viel Liebe, Erfolg und Kreativität wir uns erlauben. Wenn wir unsere innere Thermostateinstellung überschreiten, werden wir oft etwas tun, um uns selbst zu sabotieren, so dass wir in die alte, vertraute Zone (Komfortzone) zurückfallen, in der wir uns sicher fühlen.»

Deshalb meine ich, dass die Komfortzone verlassen ein schlechter Rat ist. Verlässt man etwas, kann man immer wieder zurückkehren. Mir gefällt besser, die Komfortzone zu erweitern.

Wir engagieren uns in Verhaltensweisen, die uns kurzfristig zu helfen scheinen, nur um später zu entdecken, dass sie verhindern, das Leben, das wir wirklich leben wollen, zu leben.

Im grossen Ganzen willst du heute, morgen, nächsten Monat und nächstes Jahr die besten Ergebnisse für dich selbst, aber du stehst dir selbst im Weg.

Der einzige Grund, warum ich nicht mitmachen kann, ist, dass ich mir selbst gesagt habe,
dass ich es nicht kann. Doch ich frage mich, was passieren würde,
wenn ich mir sagen würde, dass ich es könnte?

Craig D. Lounsbrough

Ein weiteres Konzept ist das der kognitiven Dissonanz: Sie ist der Grund, warum du dir immer wieder in den Fuss schiesst. Im Grunde genommen ist das menschliche Gehirn konsistent. Normalerweise stimmt unser Handeln mit unseren Überzeugungen und Werten überein.

Wenn das nicht der Fall ist, erzeugt dies ein Gefühl von geistigem Unbehagen. Wir wollen synchronisieren, eben dieses Unbehagen reduzieren, um das Gleichgewicht wiederherzustellen. Dies sind innere Konflikte und innere Konflikte sind kaum rational zu lösen. Meist unbewusst, wählen wir dann leichter die Bequemlichkeit und fühlen uns (unbewusst?) nicht gut dabei.

Übliche Verdächtige für Selbstsabotage

Du wirst müde, gerade wenn es an der Zeit wäre, etwas zu tun.

Keine Zeit

Andere Prioritäten

Plötzlich wirst du geschäftig. Erst den Schreibtisch aufräumen, die Buchhaltung machen bis hin zum Ausräumen der Geschirrspülmaschine (= meine Lieblingsablenkung).

Du musst erst noch das Buch lesen, den Kurs besuchen, mehr wissen oder alle erdenklichen Tipps bekommen, bevor du anfangen kannst etwas «zu tun».

Ach ja, jetzt habe ich erstmal Hunger, Durst, brauch den Kaffee, will Facebook checken etc..

Eigentlich ist diese Idee, das Projekt etc., doch langweilig, nicht machbar, für die Katz’ – oder, wird doch so oder so nicht funktionieren.

Du fühlst dich klein und deprimiert. Du bist voller Selbstzweifel. In diese Kategorie gehören auch die Angst vor dem Erfolg oder uralte Glaubenssätze wie: Das habe ich nicht verdient.

Auch wenn einige der Gründe, die du dir fabrizierst, sicherlich ihre Berechtigung haben, besteht die Möglichkeit, dass die eine oder andere eher Ausreden sind, die ein tieferliegendes Problem verschleiern.

Das Problem

Meistens bedeutet Selbstsabotage, dass wir innerlich nicht zu 100% überzeugt sind, über jene Fähigkeiten und Fertigkeiten zu verfügen, um unser Ziel zu erreichen. Oder wir zweifeln daran, es überhaupt zu verdienen, dort anzukommen.

Es entsteht Angst. Unbewusst halten wir uns davon ab, erfolgreich zu sein. Die Steine, die wir uns den Weg legen sind so vielfältig, dass nicht einmal Sherlock Holmes alle kennt. Um diese Inkonsistenz zu überwinden, müssen wir mit unserem Selbst von morgen kämpfen. Dummerweise hat sich das morgige Selbst im Moment gerade (sehr häufig unbewusst) für die Selbstsabotage heute entschieden. Geschickt wie wir sind, geben wir der Selbstsabotage ein Synonym und rationalisieren im Nachhinein.

Wenn es um Selbstsabotage geht, ist das Beste, was du tun kannst, die Ursache dieser Gefühle zu erkennen – und gegen die Tendenz anzukämpfen, sich gedanklich und rational damit auseinanderzusetzen. Das führt nicht zur Veränderung. Wie beim Surfen, Wissen allein genügt nicht. Es geht darum, etwas zu tun.

Das Wichtigste dabei: Dranbleiben und nicht aufgeben. Bei den Selbstsabotagen gibt es Muster, die sich gerne wiederholen. Sechs der häufigsten Ursachen für Selbstsabotage und deren Lösungen, ist der Inhalt im Artikel nächste Woche.

Das Ausserordentliche geschieht nicht auf glattem, gewöhnlichem Wege.

Johann Wolfgang von Goethe

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