Modelle, Stärken, Talent und Spass
Bild: movzit – wetransfer
Angenommen du bist als Tourist das erste Mal in Berlin unterwegs und möchtest vom Ku’damm zum Brandenburger Tor. Dann brauchst du einen Stadtplan. Willst du mit der U-Bahn fahren, brauchst du einen Fahrplan. Willst du in Berlin ins Kino, dann brauchst du eine Programmzeitschrift. Willst du einen Freund, dessen Telefonnummer du noch nicht hast, besuchen, dann hilft vielleicht ein Telefonbuch. Stadtplan, Fahrplan, Programmzeitschrift und Telefonbuch sind Modelle von Berlin, die einen jeweils anderen Aspekt beleuchten. Das was im Modell enthalten ist, existiert nicht in der Wirklichkeit.
Du wirst zum Beispiel dort, wo im Stadtplan ein Kreis mit einem abgebrochenen Kreuz die Gedächtniskirche darstellt, in der Wirklichkeit keinen Kreis mit abgebrochenem Kreuz finden. Und das wirkliche Berlin ist mehr als die Summe aller Modelle, die wir uns vorstellen können[1]. Das kennst du schon von Korzybski: „Die Landkarte ist nicht die Landschaft“
Die Modelle, und wir haben tausende die wir nutzen, sind immer im Kontext zu sehen. Wenn du wissen willst, was im Kino läuft, hilft dir der Stadtplan nicht viel. Oder, der Frankfurter Stadtplan bringt dich in Berlin nicht zu deinem Ziel.
Unsere Modelle helfen uns, aber nur dann, wenn Modell und Kontext im Einklang stehen. Mit inadäquaten Modellen werden Aufgaben schwierig bis unlösbar.
„Ick bin ein Berliner“, hatte John F. Kennedy gesagt. Was er damit meinte, ist, dass wir alle für uns selbst wie die Stadt Berlin sind. Wir haben alle ein Modell von uns im Hirn. Konzepte von Werten, Stärken und Talente sind solche Modelle. Modelle, die uns erlauben, bestimmte Fragen zu stellen und auch zu beantworten.
Eines haben erfolgreiche (was immer erfolgreich auch für den Einzelnen sein mag) Menschen gemein: In ihren Biographien kann man feststellen, dass sie sich immer wieder mit den Themen Werte, Stärken und Träume auseinandergesetzt haben – und das schon seit mehr als 2.500 Jahren. Vieles ändert sich, aber manche Dinge ändern sich nicht. Vielleicht können wir dabei manche Konzepte übernehmen oder zumindest darüber reflektieren. Nächste Woche geht es mit den Werten und Träumen weiter.
Stärken und Talente
In der modernen Literatur herrscht Einigkeit darüber, die eigenen Stärken als Ansatzpunkt zu wählen. Es gehe nicht darum, Schwächen auszugleichen, sondern Stärken weiter auszubauen. Ich stimme dem in meiner Welt zu. Was braucht es dazu? Man will sich seiner Stärken bewusst sein.
Was genau sind deine Stärken? Was sind deine Talente?
Ich empfehle dir, darüber kurz zu reflektieren und vielleicht eine kleine Liste, zumindest im Kopf, zu erstellen. Hast du mehr Talente oder mehr Stärken? Glaub mir, die Frage ist, wie du später sehen wirst, wichtig.
Viele Stärke-Konzepte gehen davon aus, dass es zwei Arten von Stärken gibt: Angeborenes, mit der Muttermilch aufgenommen oder in der frühen Kindheit entwickeltes Talent oder später erlernte Fertigkeiten. Die Idee dahinter ist, dass man in Bereichen mit Talent erfolgreicher werden kann als in Bereichen, in denen man nur angelernte Fähigkeiten hat.
Das glauben viele. Ich behaupte zudem, dass im statistischen Durchschnitt die meisten Menschen ihre Talente oder Stärken wenig ändern. Denke an dein letztes Schultreffen, dann kannst du meine Aussage bestätigen oder verneinen.
In diesem Zusammenhang gibt es eine entscheidende Frage: Kennst du einen einzigen Menschen, der im Laufe seines Lebens völlig neue Stärken entwickelt hat? Falls ja, dann kannst du das Modell über angeborene Talente und später erworbene Fertigkeiten in der Pfeife rauchen.
Anders Ericsson hat die Talent-These widerlegt. Übung, Training und Ausdauer sind die Quellen überragender Leistung. Jeder kann ein Experte werden, wenn er ausreichend Zeit investiert. Nehmen wir zwei Personen, die Person A und die Person B. Person A ist talentiert und Person B ist es nicht. Die Hypothese derjenigen, die den Erfolg auf Talent zurückführen, ist die, dass Person B lernen könne, so viel sie wolle, aber niemals über eine gewisse Grenze hinauskommt. Das heißt, Person A wird immer besser sein. Ericsson findet für diese Hypothese jedoch keinerlei empirische Bestätigung. Umgekehrt hat Ericsson festgestellt, dass nach fünf Jahren Erfahrung (Training und Lernen) in einem Gebiet das ursprüngliche „Talent“ keinerlei Vorhersagekraft mehr hat.
Es gibt lediglich einen Punkt, an dem „Talent“ Erklärungskraft besitzt. Nämlich dann, wenn „fehlendes Talent“ als Ausrede verwendet wird, um nicht weiter zu üben und zu lernen. Und wenn du genau hinhörst, wird das Wörtchen „Talent“ auch fast immer genau in diesem Zusammenhang verwendet. Menschen, die in einem bestimmten Bereich extrem gut sind, gewichten Übung, Training und Ausdauer immer wesentlich höher als Talent. Menschen hingegen, die in einem bestimmten Bereich schlecht sind, reden sich fast immer mit fehlendem Talent heraus.
Spass
Eine interessante Dimension im Hinblick auf Training und Lernen. Du hast Recht, üblicherweise macht es einer sportlichen Niete keinen Spass, fünf Jahre lang diszipliniert zu trainieren. Übrigens, die 10.000 Stunden, um ein Talent zu werden, wurden auch von Ericsson ins Leben gerufen. Und bei täglich 4 Stunden Training hast du die 10.000 nach 6.85 Jahren schon erreicht. Trotzdem, wer nicht übt und lernt, entwickelt natürlich auch keine Stärken.
Interessanterweise findest du wahrscheinlich deine Stärken in jenen Bereichen, die dir Spass machen. Das sind normalerweise Bereiche, in denen es keine widersprüchlichen Bedürfnisse gibt. Falsche Strategien oder nicht wirklich eigene Ziele machen auf die Dauer keinen Spass.
Die meisten Menschen wollen immer erst dann Veränderung, wenn die Dinge nicht so laufen, wie gewünscht. Wenn du immer nur das Gleiche tust, wirst du auch immer nur das Gleiche bekommen. Und trotzdem, warum ist Veränderung so schwer? So schwer, dass viele Menschen beim Träumen verweilen und weniger beim Machen zu finden sind?
Alles was uns Spass bringt, führen wir aus (meistens). Wie schaffen wir es, mehr Spass zu haben?
Angenommen, du willst etwas verändern. Wie gehst du vor? Frag dich, welches Bedürfnis du mit dieser Veränderung für dich befriedigen würdest. Investiere ein paar Minuten und reflektiere, ob du es selbst bist, der den Anstoss für eine positive Veränderung deiner Persönlichkeit gibt oder ob dieser Impuls von jemanden anderem kommt?
Oftmals braucht es Zeit, um die wirkliche Antwort auf diese Frage zu finden. Tatsache ist, alles was du bisher in deinem Leben wirklich erreichen wolltest, ich meine wirklich wirklich, hast du erreicht. Natürlich, Durststrecken gibt es immer. Da macht die Tätigkeit eben einfach keinen Spass – ob mit oder ohne Talent.
Dann brauchst du jemanden, der dich anfeuert, jemanden, der für dich in deinen Schwächen wühlt, dich anregt und Methoden zur Überwindung präsentiert. Disziplin entsteht dabei nur, wenn dir das Ganze Spass macht.
Disziplin ist vielleicht eine Kunst bei den Tätigkeiten, die du für richtig oder wichtig erachtest, Spass und Freude zu empfinden – und sich Zeit zu nehmen für die eigene Entwicklung. Im Spitzensport käme niemand auf die Idee, ohne Disziplin, ohne genügend Vorbereitungszeit und ohne guten Trainer überhaupt anzutreten.
Alles funktioniert besser, wenn du dich gut fühlst.
Alles in diesem Zusammenhang kannst du als Prozess sehen. Du kannst dich zum Beispiel fragen: „Wo kann ich in diesen Prozess eingreifen und ihn zum Positiven verändern?“ Manche Menschen glauben, das Leben spiele ihnen übel zu. Da können sie Zeit vergeuden, Menschen zu finden, die ihnen wohl gesinnt sind – oder den Prozess ihrer Wahrnehmung ändern…
Ich glaube, dass jeder Mensch selbst den Prozess seiner Wahrnehmung beeinflussen kann. Er kann damit seine Realität (in seinen Landkarten) fast nach Belieben gestalten. Es ist zuerst nicht einfach, aber wenn erkannt, dass die Interpretation der Welt um einen herum nur die eigene Realität, die zudem hausgemacht ist, aber genau deshalb von jedem in sich selbst beeinflusst und verändert werden kann, dann hält dich nichts mehr auf. Fängt dummerweise eben bei einem selbst an:
Wer Andere kennt, ist klug.
Wer sich selbst kennt, ist weise.
Wer Andere besiegt, hat Kraft.
Wer sich selbst besiegt, ist stark.
Lao Tse
[1] Merath, Stefan. Der Weg zum erfolgreichen Unternehmer. Sein Buch hat mich inspiriert und wesentliche Teile dieses Artikels sind aus seinem Buch kopiert.
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