Bild: Anders Inset

Bevor du die SMSS liest, könntest du die Aufgabe von Anders Indset in heutigem Foto lösen und dir die Lösung merken….

Sinnspruch frei nach Boethius in seinem Buch Trost der Philosophie: jemand antwortet auf die Frage eines Möchtegern-Philosophen „Erkennst du nun, dass ich ein Philosoph bin?“: „Ich hätte es erkannt, wenn du geschwiegen hättest.“

„Heute, mehr als jemals zuvor, braucht die Welt Philosophen. Wir leben in einer unglaublich schönen Welt – vielleicht in der aufregendsten Zeit der Menschheitsgeschichte. Wir rauschen durch unseren Tag, suchen unseren Sinn, versuchen die „Kunst des Lebens“ zu verstehen oder zu definieren. Was wir zudem versuchen und meistern sollten, ist die „Kunst des Denkens“ zu verfeinern. Was ist es, genau, was uns zum Menschen macht?“

So argumentiert der Rockstar unter den Philosophen, Anders Indset in seinem Buch Wild Knowledge: Outthink the Revolution. Sein Buch gefällt mir sehr und heute geht es um einige seiner Gedanken und Impulse. Überwiegend aus seinem Buch übersetzt, und Rätsel aus einem Vortrag übernommen:

Es ist ganz wahr, was die Philosophie sagt, dass das Leben rückwärts verstanden werden muss. Aber darüber vergisst man den anderen Satz, dass vorwärts gelebt werden muss.

Søren Kierkegaard

Rückwärts verstehen…

Überdenke die letzten paar Wochen. Welche Entwicklungen haben sich ergeben? Was hast du geleistet? Nüchtern betrachtet, sieht das Ganze wahrscheinlich wie eine Kausalkette aus: Weil du am Tag X warst, hast du zufällig Y erfahren oder Z getroffen, was dir geholfen hat, eine Aufgabe gut zu lösen, was dazu führte, dass…

Entwicklungen und Bewegungen im eigenen Leben setzen wir immer erst hinterher, also in Nachhinein, zu einem Ganzen zusammen, indem wir die Informationen verarbeiten und über uns reflektieren.

…und vorwärts leben

Erst wenn wir den Weg hinter uns gebracht haben, verstehen wir, wie und warum es uns genau an dieses Ziel geführt hat – obwohl du und ich, wie wahrscheinlich alle Menschen, in unseren Gedanken nach vorne leben. Und wir glauben, dass wir uns an jeder Weggabelung bewusst in die Richtung eines ganz bestimmten Zieles bewegen.

Ob es so klappt, wie wir es uns vorgestellt haben, erkennen wir erst im Nachhinein. Reflexion kann uns helfen, Denken und Handeln auf die Zukunft auszurichten: Wo bin ich und wie bin ich hier angekommen? Wer bin ich und wie bin so geworden? Welche Mittel und Fähigkeiten habe ich bereits und welche möchte ich mir noch aneignen? Die Antworten auf diese Fragen geben dir Selbstvertrauen und die Möglichkeit, deine Gedanken auf eine selbstbestimmte und sinnerfüllte Zukunft zu richten.

Anfangen

Viele Menschen sprechen, andere tun. Das kennst du: Sie sprechen über ihre Gedanken, was sie tun sollten, wollten, hätten tun sollen oder hätten tun können. Ideen werden geschaffen, sie werden dir nicht gegeben. Um Ideen zu generieren, braucht es Aktion. Soweit ich weiss, gibt es keinen akademischen Schlüssel für Kreativität, disruptives Denken oder wie man seine Wahrnehmung, Perzeption oder Empfindungen verändern kann. Und doch, genau dies ist gefragt, wenn es um neue Ideen geht.

Der Anfänger sieht die Möglichkeiten, der Experte die Hindernisse.

Auf dem Weg, etwas zu schaffen, gilt es erst mal, damit anzufangen. Auf diesem Weg wirst du den einen oder anderen Feind finden. Menschen, die dir permanent, oft auch ungefragt, deutlich versuchen klar zu machen, dass das was du vorhast, nicht funktionieren kann. Immanuel Kant kann hier helfen, mit seinem Wahlspruch zur Aufklärung: „Sapere aude!“ was etwa bedeutet „Wage zu wissen!“ und er ergänzte dies mit: „Habe den Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“ Später lieferte Kant noch eine einfachere Definition der Aufklärung: „Die Maxime, jederzeit selbst zu denken, ist die Aufklärung.“

Veränderung ist ein laufender Prozess. Und am Anfang steht eine Idee. Von woher kommen diese Ideen? Überhaupt, was genau ist Kreativität? Gibt es Kreativität ohne Idee? Ideen sind zu Beginn recht wild – und dann verstauen wir sie in bereits vorhandene Kartons, basierend auf unseren mentalen Modellen und Erfahrungen.

Grosse Ideen waren niemals logisch. Weder die Statue von David, das Bild der Mona Lisa oder Beethovens Fünfte entstanden als Folge eines strategischen Planes oder aus logischen Schritten – sondern mehr durch eine Kette von sequentiellen Versuchen und Niederlagen. Ideen entstehen durch einen Gedanken, durch stehlen und kopieren, durch erzwungene Zufälle und/oder der Zerstörung alter mentaler Modelle und Bezugssysteme.

Wir verbinden Kreativität und Ideen mit etwas, das einen mystischen Anteil hat. Ich habe gelernt, Fortschritt, Entwicklung und Kreativität entstehen durch etwas tun – und das erste Ergebnis ist der Schritt zum Endergebnis.

Ideen und Kreativität werden nicht (zumindest sehr selten) innerhalb der Bequemlichkeits- oder Gewohnheitszone gefunden. Veränderung wird nicht erreicht, wenn man mit Gleichdenkern am Tisch sitzt. Zur Veränderung braucht es mehr Chaos und nicht weniger – und – ohne „Starten“ passiert gar nichts.

Alle Wahrheit durchläuft drei Stufen. Zuerst wird sie lächerlich gemacht oder verzerrt. Dann wird sie bekämpft. Und schliesslich wird sie als selbstverständlich angenommen.

Arthur Schopenhauer

Vereinfachen

Es gibt im 21. Jahrhundert nichts Komplexeres als die Einfachheit.

Nichts ist einfach – wer das sagt, vereinfacht.

„Zwei Tatsachen, die bereits allgemein bekannt sind: Die erste Tatsache ist sogar eine, die fast von Beginn der schriftlichen Überlieferung an bekannt war: Und zwar, dass der Planet Erde oder das Sonnensystem oder unsere Umwelt oder was auch immer, einzigartig geeignet ist, unsere Evolution – oder die Schöpfung, wie man früher dachte – und unsere gegenwärtigen Lebensumstände und – am allerwichtigsten – unser zukünftiges Überleben, zu ermöglichen.

Heutzutage hat diese Idee einen dramatischen Namen: „Raumschiff Erde.“ Und die Vorstellung dahinter ist, dass ausserhalb dieses Raumschiffs ein unerbittlich feindseliges Universum lauert und drinnen im Raumschiff alles ist, was wir haben, alles, wovon wir abhängen. Und wir haben nur diese eine Chance: Wenn wir mit unserem Raumschiff untergehen, können wir nirgendwo anders hingehen.

Und die zweite allgemein bekannte Tatsache ist, dass im Gegensatz zu dem, was man während des grössten Teils der menschlichen Geschichte glaubte, Menschen in der Tat nicht der Nabel der Welt sind. Wie Stephen Hawking es in seinem berühmten Zitat sagt: Wir sind nichts weiter als chemische Ausblühungen auf der Oberfläche eines ganz gewöhnlichen Planeten, der einen ganz gewöhnlichen Stern umkreist, welcher sich am Rande einer ganz gewöhnlichen Galaxie befindet, und so weiter…“

David Deutsch

„Wir können über die Welt diskutieren und unser komplexes Verständnis vereinfachen – und trotzdem, die Wahrheit ist, dass von dem Tag unserer Geburt bis heute wir konfrontiert werden mit einer fiktionalen Welt, die wir in uns Realität nennen. Es wurde uns beigebracht und gezeigt, dass wir jemand von Wichtigkeit sind und doch, im Vergleich zur Komplexität unseres Raumschiffes, sind wir weniger wichtig als die Schneeflocke, die genüsslich zu Boden sinkt“, schreibt Anders Indset in seinem Buch.

Die für uns wichtigsten Aspekte der Dinge sind durch ihre Einfachheit und Alltäglichkeit verborgen.

Ludwig Wittgenstein

Vereinfachung meint Macht. Jene mit der Macht über sich tendieren dazu, zu kontrollieren, was ihnen wichtig ist – indem sie weniger von dem tun, was ihnen unwichtig ist und mehr von dem tun, was ihnen wichtig ist. In unserer digitalisierten Welt der permanenten Ablenkung ist es so, dass diese Vereinfachung, in der das Glück versteckt ist, für manchen schwer erreichbar scheint. Und es bedeutet, sich zuvor Klarheit verschafft zu haben, was einem wichtig ist.

Fokus

Professor Hans Rossling († 2017) gab uns klare Statistiken, zum Beispiel über die Entwicklung der Weltbevölkerung, Armut und Geburtenraten – und er nannte es „ignorance study“, weil seine Analysen zeigten, dass, egal wie hoch jene, die er befragte, sich glaubten auf der Wissensleiter zu befinden, sie weniger als Schimpansen über die Welt wussten. (Schimpansen beantworteten seine Fragen deutlich (durch Wurfspiesse) korrekter als Harvard, Princeton und Yale Absolventen).

Er zeigte auf, dass das was wir glauben zu wissen, in unserer Ignoranz und Arroganz – was wir Allgemeinbildung nennen – nichts anderes ist als die Illusion, die uns mit den täglichen Überschriften eingebläut werden.

Wir vereinfachen zwar, aber sehen meistens nur unsere Seite der Medaille. Wir kommen zu Ergebnissen, häufig basierend auf falschen Annahmen.

Schau dir die Streichholzformel an:

Wieviel Streichhölzer musst du bewegen, damit die Formel logisch und korrekt ist? Wann immer ich diese Frage stelle, kommen die Antworten recht schnell. Wir sind nicht nur verbunden mit unserem analytischen Denken, sondern immer auch mit unserem Ego: Wir wollen Recht haben.

Die Antwort zu Indets Mathematikaufgabe oben? „Da muss man nur ein Hölzchen bewegen!“ Ein Hölzchen, sehr gut! Man kann erklären, dass das eine Hölzchen von links auf die rechte Seite der Gleichung bewegt wird und sich 10 + 1 = 11 ergibt.

Bist du vielleicht überrascht, wenn ich dir sage, dass kein Hölzchen bewegt werden muss? Schau dir die Gleichung auf dem Kopf an ….(10 = 1 + 9)

Mit anderen Worten, wenn unser Ego glaubt, Recht zu haben, dann wird die Kreativität reduziert, weil andere Sichtweisen gar keine Chance haben, uns zum Denken anzuregen und damit erweitert sich unser Horizont oftmals nur im Schneckentempo.

Die Aufgabe zu Beginn heute. Welches Ergebnis hast du errechnet – und wahrscheinlich bist du dir sicher und hast auf 30 gezählt?

Rückwärts verstehen, vorwärts leben, anfangen (zu tun), vereinfachen und fokussieren sind einige der Gedanken, die Anders Indset in seinem Buch behandelt. Das Buch empfehle ich gerne und ich finde es tut uns gut, uns ab und zu mit den Philosophen auseinander zu setzen. Da kannst du bei den Stoikern anfangen und bis zu Indset den einen oder anderen guten Gedanken als Impuls für dich finden und umsetzen.

Die fast unlösbare Aufgabe besteht darin, sich weder von der Macht der anderen, noch von der eigenen Ohnmacht dumm machen zu lassen.

Theodor Ludwig Wiesengrund Adorn

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