Der Philosoph Jean-Paul Sartre hatte einmal gesagt: „Die Hölle, das sind die anderen Menschen“.

Er hatte sein Drama „Geschlossene Gesellschaft“ mit einem aufschlussreichen Nachwort versehen, in dem er betonte: „Die Hölle, das sind die anderen – das ist ein Satz über tote Menschen“:

Tote Menschen, damit meinte Sartre  die festgefahrenen, unfreien Menschen, die von keiner Möglichkeit des Andersseins wissen. Dass die anderen die Hölle sind – ist die Quintessenz des unglücklichen Bewusstseins, das nicht herauskommt aus seinen Mustern und vor allem: aus seiner Abhängigkeit vom wohlwollenden Blick der anderen.

Wenn ich von Menschen umgeben bin, mit denen ich nichts gemeinsam zu haben scheine, könnte ich dem nur zustimmen. Früher haben mir andere Menschen ungeheuren Stress bereitet. Sie haben mich verwirrt, gereizt und sogar Wut in mir geweckt.

Und dann, wenn ich heute darüber nachdenke, ist es so, dass ich die meisten meiner besten Erinnerungen tatsächlich eben auch mit anderen Menschen erlebte.

Andere Menschen bringen mir Freude, Anregung, Wohlwollen, Liebe, Ruhe und Farbe in mein Leben.

Der Psychologe Alfred Adler aus dem 20. Jahrhundert sagte, dass alle (alle!) unsere Probleme zwischenmenschliche Beziehungsprobleme seien. Was er meines Erachtens damit meinte, ist, dass alles Schmerzhafte mit der fehlenden Harmonie in unseren Beziehungen zusammenhängt. Auch in der Beziehung mit sich selbst:

Probleme zu Hause.

Probleme bei der Arbeit.

Probleme mit Geld.

Probleme mit dem Vertrauen.

Probleme mit der Technik.

Alles ist Beziehung. Es geht dabei um unsere Unfähigkeit, auf dem holprigen Boden der sozialen Synergie zu navigieren.

Adler ist in meiner Welt ein unterschätzter Philosoph, dessen Ideen darüber, was Glück erzeugt, die plausibelsten und sinnvollsten sind, die ich bisher in der Philosophie gefunden habe. Er sagte, dass wir nur glücklich sein können, wenn wir uns als Teil einer Gemeinschaft fühlen und das Gefühl haben, dass wir in dieser Gemeinschaft einen Wert und einen Platz haben.

Ich möchte betonen, dass er sagte, dass es darum geht, ein „Gefühl“ dafür zu haben, nicht einmal, dass wir spürbar Teil einer bestimmten Gemeinschaft sind, noch, dass wir etwas sichtbar Nützliches schaffen müssen, um uns als Teil dieser Gemeinschaft zu fühlen. Es geht lediglich darum, dass wir das Gefühl haben, dass wir – was den Rest der Gesellschaft anbelangt – verbunden sind und dabei einen Wert empfinden.

Zu wissen, dass wir unsere Probleme bewältigen können, setzt voraus, dass wir ein gesundes Verhältnis zur Idee der Menschlichkeit haben. Das kann schwierig sein (Danke liebes Internet, dass du mich immer wieder daran erinnerst, WIE schwierig es ist!).

Und wir können nicht glücklich sein, wenn wir andere, einschließlich uns selbst, als Feinde betrachten; wenn wir die Menschheit als von Natur aus falsch ansehen.

Wenn wir uns von der Möglichkeit ausschließen, authentisch mit Menschen in Kontakt zu treten, können wir nicht einmal ansatzweise ein Gefühl dafür entwickeln, dass wir in einer Gemeinschaft einen Wert haben könnten.

Und wir können unseren Wert in einer Gemeinschaft nicht spüren, wenn wir uns selbst und andere Menschen nicht so akzeptieren, wie sie sind.

Einfach so, wie sie sind.

Und ich spreche hier von allen Menschen, nicht von einem ausgewählten Teil der Gesellschaft. Und warum?

Weil wir, wenn wir nur einen Teil der Menschheit tolerieren können, nicht in der Lage sind, sie wirklich als Ganzheit zu erkennen und als solche zu akzeptieren und zu schätzen.

Diese Akzeptanz bedeutet nicht, blind zu sein für das, was mit manchen Menschen „falsch“ ist. Es gibt viel Falsches: Lügereien, Kriminalität, Intoleranz, Narzissmus, Neid, Missgunst etc.

Aber um das Gute in den Menschen sehen zu können, wollen wir verstehen, dass es auch vieles gibt, was uns nicht gefällt. Die Menschheit ist in Wirklichkeit ein riesiges Durcheinander und Chaos. Und es gibt auch viel Gutes in ihr.

Wenn wir uns damit abfinden können, nicht gemocht zu werden – wenn wir mit den Makeln, die wir alle haben, einverstanden sind, entspannen wir uns. Wir sind frei. Nichts kann uns etwas anhaben.

Das fängt damit an, dass wir uns selbst und die Andersartigkeit (Heterogenität), die sich durch die ganze Menschheit zieht, annehmen.

Dieses Akzeptieren ist für mich ein Prozess, an dem es täglich zu arbeiten gilt. Und das ist auch gut so. Ich vertiefe meine Selbstliebe und das Gemeinschaftsgefühl, von dem Adler spricht, und habe das Gefühl, dass ich mich damit weiterentwickle.

Habe Vertrauen in die Menschheit, nicht weil jeder perfekt ist, sondern weil du damit etwas gefunden hast – eine Grundeinstellung, die sich stimmig für dich anfühlt und du damit die Möglichkeit hast, neugierig und wertfrei auf andere Menschen zuzugehen. Habe den Mut, deine und unsere schwarzen Nischen zu kennen und trotzdem das Licht in uns allen zu finden.

Das braucht es, um glücklich zu sein.

„Aus all dem können wir lernen: es gibt auf Erden zwei Menschenrassen, aber auch nur diese beiden: die „Rasse“ der anständigen Menschen und die der unanständigen Menschen. Und beide „Rassen“ sind allgemein verbreitet: in alle Gruppen dringen sie ein und sickern sie durch; keine Gruppe besteht ausschließlich aus anständigen und ausschließlich aus unanständigen Menschen, in diesem Sinne ist also keine Gruppe „rassenrein“ – nun, und so gab es den einen oder andern anständigen Kerl eben auch unter der Wachmannschaft!“

Frankl, Viktor E.. … trotzdem Ja zum Leben sagen: Ein Psychologe erlebt das Konzentrationslager (German Edition) (p. 130). Kösel-Verlag. Kindle Edition.

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