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Wenn man alle seine Ziele im Leben erreicht hat, dann war das eine oder andere zu niedrig angesetzt. Ohne Ziel kein Weg. Es führen zwar viele Wege nach Rom, viele Wege führen aber auch nach Paris, Madrid, Bern, Berlin oder London. Erst wenn du genau weisst, dass du nach Rom willst und wie du dorthin kommst, solltest du dich auf den Weg machen. Unterwegs kannst du immer noch, wenn Schwierigkeiten auftauchen, die am besten geeignete Route neu festlegen, beziehungsweise den vorzufindenden Gegebenheiten anpassen. Ohne Ziel sieht es so aus:

Alice: „Würdest du mir bitte sagen, welchen Weg ich einschlagen muss?“
Grinsekatze: „Das hängt in beträchtlichem Maße davon ab, wohin du gehen willst.“
Alice: „Oh, das ist mir ziemlich gleichgültig.“
Grinsekatze: „Dann ist es auch einerlei, welchen Weg du einschlägst.“
Alice: „Hauptsache, ich komme irgendwohin.“
Grinsekatze: „Das wirst du sicher, wenn du lange genug gehst.“

Lewis Carroll, “Alice im Wunderland”

Man kommt also immer irgendwo an. Frage bleibt, ob es einem „irgendwo“ gefällt.

Der Mensch ist in seinem Leben mit Zielen konfrontiert – entweder selbst gesetzt oder von anderen vorgegeben. „Wohin will ich gehen?“ beschreibt Ziele als Handlungsgehilfen eines Lebensthemas. Ohne Ziel gibt es nur zufällig Feedback, mit Ziel gibt es ein Feedback- und Belohnungssystem. Im Coaching sind Ziele ein fundamentaler Bestandteil. Ziele geben Antwort auf die Königs-Frage, „Was will ich?“ und es gilt: „Wenn du nichts willst, dann bringt dir Coaching nichts!“

Sich welche Ziele setzen oder zu verfolgen, ist ein grundlegendes Problem der Ethik. Professor Robert A. Emmons bietet uns zwei Befunde an:

      1. Das Erreichen von persönlichen Zielen steht in positivem Zusammenhang mit dem Wohlbefinden und Glücklichsein einer Person.
      2. Problematische persönliche Ziele, die sich durch Konflikthaftigkeit und Ambivalenz auszeichnen, wirken sich negativ auf das Wohlbefinden einer Person aus.

Wenn Ziele, dann ist es wichtig, angemessene, sinn- und zweckvolle Ziele zu definieren. Nachfolgend sechs der gängigsten Strategien zur Zielsetzung.

Strategien der Zielsetzung

Ziele werden meist in Relation auf einen gegenwärtigen Zustand oder Problemzustand festgelegt. Zum Beispiel, den Zustand Angst zu fühlen, weil ich vor und zu einer grösseren Gruppe vom Menschen sprechen, also eine Rede halten muss – ein „öffentlicher Auftritt“. Die einfachste (obwohl meist die problematischste) Art der Zielsetzung ist es, das Ziel als Negation des Problemzustandes zu definieren: „Ich möchte keine Angst mehr beim Sprechen vor Menschen haben!“

Das ist eine weitverbreitete Art, mit Zielen umzugehen und kann ein Anfang sein. Das erste Problem dabei ist, dass es eine Vermeidungsstrategie ist und damit die Frage „Was will ich nicht?“ im Gegensatz zur Königs-Frage beantwortet. Was man nicht will, ist kein Ziel. Zudem muss man sich zuerst die Angst vorstellen, um sie dann abzuschaffen. Negative Aussagen führen häufig zu Problemdenken, anstelle von lösungsorientiertem Denken. (…denke für die nächsten 15 Sekunden nicht an den lila Elefanten, der das Bier mit dem Rüssel aus dem Holzfass schlürft…)

Eine zweite Zielsetzungsstrategie besteht darin, das Ziel als Polarität oder als das Gegenteil des aktuellen Zustandes zu definieren. Im Falle der „Angst vor dem öffentlichen Reden“ kann die Person sagen: „Ich möchte, während ich vor einer Gruppe spreche, zuversichtlich sein!“

Auch eine logische Strategie und führt auf den ersten Blick weg von der Problemsituation. Kann aber auch innere Konflikte und Polaritäten schaffen, denn es hat eine konstante Referenz zum Problemzustand. Mit den Worten von Albert Einstein: „Probleme kann man niemals mit derselben Denkweise lösen, durch die sie entstanden sind.“

Bei der dritten Strategie benutzt man eine externe Referenz, um das Ziel zu definieren. In der Organisationswelt nennt man das „Benchmarking“ (Richtlinie). In unserem Beispiel könnte es so lauten: „Ich möchte zu einer Gruppe von Menschen wie Martin Luther King sprechen!“

Dies hat gewisse Vorteile gegenüber der einfachen Negation und Polarisation. Diese Strategie bietet eine Referenz zu einem Vergleich an und hilft, die Aufmerksamkeit vom Problemzustand abzulenken. Kann aber zu unangemessenen Erwartungen und mangelnder Übereinstimmung führen. Nachahmung kann als „Vorgaukeln“ erkannt werden, negative Vergleiche und ein Gefühl des Versagens hervorbringen. Auch eine Frage des Kontextes: Martin Luther King passt nicht auf jede Weihnachtsfeier.

Eine weitere Strategie um Ziele zu definieren greift, um den gewünschten Zustand zu beschreiben, auf Kernkompetenzen zurück. In unserem Beispiel: „Ich möchte folgende Qualitäten verinnerlicht haben, wenn ich vor einer Gruppe spreche: Flexibilität, Kongruenz, Identität, Mut, Gelassenheit etc…“

Abstrakte Prinzipien für konkrete Situationen manifestieren. Es öffnet zwar die Türe zu mehr Flexibilität im Hinblick auf das gewünschte Verhalten, ist aber intellektuell anspruchsvoller als die bereits genannten Strategien. Diese Strategie ist anfällig für die im NLP-Metamodell der Sprache genannten Risiken der Generalisierung, Verzerrung und Tilgung.

Die fünfte Strategie beinhaltet die Festlegung eines „generativen“ Ergebnisses. Ein generatives Ergebnis ist nicht die Definition eines problematischen Zustandes oder externer, abstrakter Bezüge. Generative Ziele sind Aussagen darüber, was man „mehr davon“ will.

„Ich möchte ausgeglichener und kreativer (beides mehr als aktuell) sein, wenn ich vor Menschen spreche!“ Funktioniert dann, wenn die betroffene Person die entsprechenden Eigenschaften identifizieren kann und – der Zugriff auf diese Ressourcen mag dann gerade schwierig sein, wenn die Person mit dem aktuellen Problemzustand zu kämpfen hat.

Führt uns zur sechsten Strategie „Was wäre, wenn…?“ (as if). Nämlich: „Wenn man den gewünschten Zustand schon erreicht hätte?“. Es ist nicht leicht ein Ziel zu definieren, wenn der Problemzustand noch die Oberhand hat. Das reduziert Kreativität und Alternativen verstecken sich.

Mit „Was wäre, wenn..“ entfernt man sich vom Problem und wandert, zumindest in der Vorstellung, in den Wunschzustand, so, als ob man schon am Ziel wäre. Im Beispiel kann das so klingen: „Wenn ich bereits meinen Wunschzustand erreicht hätte, dann wäre ich entspannt und würde mich auf der Bühne wohlfühlen.“ Sich in diesen Zustand zu versetzen und sich zu fragen, was denn in diesem Fall genau anders ist, öffnet sehr häufig die Türen zu neuen Erkenntnissen.

Jede der Strategien hat ihre Vorteile, Schwierigkeiten und Herausforderungen. Warum nicht alle benutzen? In der Summe mögen sich interessante Denk-Sequenzen ergeben und zu einem Perspektivenwechsel führen. Probiere es mit einem Problem einmal aus:

Problem definieren

              Was ist der Problem-Zustand den ich ändern will?

Mein Problem ist, dass ich _________________________________________________________________

Problem Definition mit 6 Strategien:

  1. Das Problem negieren. Was möchtest du beenden oder abschaffen?

Ich möchte nicht, aufhören, beenden etc.________________________________________________

  1. Die Polarität des Problems. Was ist das Gegenteil meines Problems?

Ich möchte stattdessen:________________________________________________________________

  1. Der Wunschzustand mit externer Referenz. Wer sonst hat diesen gewünschten, vergleichbaren Zustand bereits erreicht?

Ich möchte mich wie _________________________________________________________verhalten.

  1. Deduktion des Problemzustandes. Was sind einige der Charakteristika (der Person von #3), die, wenn verinnerlicht, mich zu meinem Wunschziel bringen?

Ich möchte folgende Charaktereigenschaften verinnerlichen:____________________________

  1. Generative Ergebnisse. Bestehende Ressourcen erweitern. Welche Eigenschaften will ich verbessern?

Ich möchte mehr von____________________________________________________________haben.

  1. Verhalten mit „Was wäre, wenn…“ Wenn ich mein Ziel schon erreicht hätte, was würde ich tun, oder mehr tun? Was wäre anders?

Wenn ich mein Ziel schon erreicht hätte, dann würde ich_________________________________

Manche Menschen neigen dazu, in negativen Situationen, also in Problemzuständen, andere Personen und/oder Umstände dafür verantwortlich zu machen. Das bringt dich nicht weiter und ist nicht konstruktiv. Leider kannst du nur sehr selten das Verhalten anderer Menschen in deinem Sinne verändern. Es ist auch nicht legitim, deine Interessen über die der anderen zu stellen.

Den Einzigen, den du schnell und einfach (nicht unbedingt immer leicht) ändern kannst, bist du selbst.

Unzählige Probleme hast du in deinem Leben gelöst. Mit anderen Worten: du hast viele, wahrscheinlich jedes deiner Ziele auf die eine oder andere Art erreicht. Wenn dir Zielstrategien gelungen sind, schreibe sie doch unten in das Kommentarfeld. Vielleicht kennst du Techniken, die anderen Menschen helfen. Vielleicht kann auch ich etwas von dir lernen?

Was wäre, wenn…?

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