Ein Geschenk für die Seele
Stell dir vor, ein Wahrsager kommt auf dich zu, schaut dir tief in die Augen und sagt mit theatralischer Pose:
„Du wirkst auf mich wie jemand, der in seinem Leben eine Zeit des Leidens erlebt hat, aber du hast durch dieses Leid viele wichtige Lebenslektionen gelernt und bist jetzt stärker als zuvor. Und ich kann dir versprechen, dass du, obwohl es noch mehr Leid geben wird, auch großes Glück erfahren wirst!“
Nun, nichts anderes als eine der universellen Wahrheiten, einschließlich der Tatsachen, dass jeder irgendwann in seinem Leben leidet, dass Menschen widerstandsfähig sind und dass die Dinge manchmal besser laufen, als wir es erwarten. Hier einige weitere universelle Wahrheiten, mit denen wir die Zukunft abstrakt genau vorhersagen können:
Einige Dinge, die wir versuchen, werden funktionieren und andere nicht.
Menschen, die wir lieben, werden krank werden und sterben.
Und mindestens eines dieser Dinge wird auch uns eines Tages widerfahren.
Manches wird länger dauern, als wir es erwarten, und manches wird schneller gehen.
Man verfehlt 100 Prozent der Schüsse, die man nie macht (Eishockey-Legende Wayne Gretsky).
So richtig die Zukunft zu wissen, fällt zumindest mir schwer. Für mich gibt es da nur Wahrscheinlichkeiten. Mit der Vergangenheit ist der Umgang einfacher – ich kann sie nicht ändern – nur daraus lernen. Dann bleibt die Gegenwart. Wofür mache ich was und was bedeutet dabei Erfolg, könnte man sich fragen. Jeder will erfolgreich sein – von einigen Aussteigern abgesehen.
Die Psychologin Angela Duckworth hat sich intensiv mit dem Thema „Erfolg“ beschäftigt und präsentiert in ihrem Buch „GRIT – Die neue Formel zum Erfolg: Mit Begeisterung und Ausdauer ans Ziel“ zahlreiche Studienergebnisse, persönliche Erlebnisse und Beispiele, die zeigen, was erfolgreiche Menschen gemeinsam haben. Erfolgsentscheidend sind demnach nicht etwa außergewöhnliche Intelligenz oder Naturtalent, sondern eine Kombination aus Leidenschaft und Ausdauer, die sie „Grit“ nennt. Ich würde Grit übersetzen mit „Biss haben“.
Menschen, die Biss haben kennst du. Oftmals sind dies Menschen, von denen man sagen könnte, sie haben ihre Berufung gefunden. Vielleicht wäre es hilfreich, Job, Karriere und Berufung zu definieren. Nachfolgend meine einfachen Definitionen; du hast vielleicht deine eigenen, wenn du darüber nachdenkst:
Ein Job ist einfach das, was das Einkommen sichert. Wir bekommen unser Geld für den Job, für unsere Zeit, die wir am Arbeitsplatz verbringen. Wenn der Job vorbei ist, gehen wir nach Hause und denken nicht darüber nach, bis wir am nächsten Tag wieder zur Arbeit erscheinen (müssen?).
Eine Karriere füttert den Intellekt. Karriere endet nicht, wenn wir am Abend nach Hause gehen. Sie ist etwas, worüber wir unaufhörlich nachdenken. Sie hält uns nachts wach, vor allem, wenn wir uns mit schwierigen Themen auseinandersetzen. Es ist wie ein Streben nach fortschreitender beruflicher Leistung.
Berufung ist etwas anderes. Sie ist ein Geschenk für die Seele. Es fällt einem schwer, sich vorzustellen, etwas anderes zu tun.
Berufung …
Im Wort „Berufung“ steck das Wort Beruf. Berufung ist nicht nur das Tun, sprich ein Beruf, um „Kohle“ zu verdienen, sondern in meiner Welt nichts anderes, als dich in eine Richtung zu entwickeln, in der du dich selbst „verwirklichst“ und zusätzlich Nutzen für deine Mitmenschen schaffst.
Berufung, so meine ich, wird nicht gefunden, sondern gestaltet. Für die meisten von uns entwickelt sich die Berufung mit der Zeit. Sie beginnt vielleicht mit der wirtschaftlichen Notwendigkeit, ein Dach über dem Kopf und Essen auf dem Teller zu haben. Sie beginnt vielleicht mit einem Job. Irgendetwas an der Arbeit ist erfüllend, also arbeitet man hart und viel und wird besser. Jemand merkt es, und man bekommt mehr Geld, was dazu führen kann, dass man noch besser werden will. Und man wird besser, und man macht mehr davon. Und so weiter. Man kann in der Karrierestufe pausieren, oder man macht weiter, weil die Arbeit zur Berufung wird. Oder man ändert den Beruf.
… ist etwas, …
… was dich wirklich motiviert, antreibt.
… das deine Erfahrungen, Begabungen, Talente, Hobbys und Leidenschaft(en) vereint.
… was dir größte Freude und Zufriedenheit schenkt.
1 Frage und ihre 3 Bedeutungen
WILL ich das? – Willst du es wirklich – mit allen Konsequenzen?
Will ICH das? – Ist es wirklich dein Ziel oder erfüllst du Erwartungen anderer?
Will ich DAS? – Ist es genau das? Wie konkret kennst du dein Ziel?
4 weitere GeDanken
Oft sind wir nur mit dem Alltag beschäftigt und kümmern uns nicht weiter darum, über die eigene Berufung zu reflektieren. Das kann so weit gehen, dass jahrelang in einem Job gearbeitet wird, der eigentlich absolut nicht zu den eigenen Vorstellungen passt und der Freitag der beste Tag der Woche ist. Spaß und Zufriedenheit kommen zu kurz.

Das könnte zusammenhängen mit der Ungewissheit ob der Veränderung, denn seiner Berufung folgen, kann auch bedeuten, Grundlegendes zu ändern und Entscheidungen zu treffen, die nicht jeder nachvollziehen kann.
Man könnte mit den folgenden vier Anregungen beginnen:
- Was sind die zwei oder drei wichtigsten Dinge, die dich einzigartig machen? Was sind deine Talente? In welche Richtung zeigen deine Top-Stärken? Wie könntest du deine Top-Stärken nutzen, um Nutzen zu bieten?
- Welche Dinge erledigst du nicht so gerne? Frage dich: „Wofür tue ich das?“ Vielleicht gibt es jemand anderes, der das für dich tun könnte.
- Vielleicht hilft die Vervollständigung des Satzes: Ich lebe, um …
- Was ist es, wofür du lebst? Salopper, für was brennst du?
Mein Satz ist: „Ich lebe, um Menschen in ihrer Entwicklung zu unterstützen“. Meine Hoffnung ist, dass die Menschen, die mit mir interagieren, sich durch diese Interaktion weiterentwickeln. Beachte bitte, dass es nicht „Ich lebe, um andere zu entwickeln“ heißt. Das funktioniert nämlich nicht. Man kann andere nicht entwickeln – das macht jeder selbst. Was es braucht, ist sicherlich Biss oder Duckworths GRIT.
Grit-Test
Falls du Interesse hast, mehr über deinen Biss zu erfahren, kannst du hier einen Artikel mit kostenlosen Grit-Test finden.
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