Gute Führung? Was macht eine gute Führungskraft aus? Was ist der Unterschied zwischen einem Leader und einem Manager?

Managers do the things right, Leaders do the right thing.

Peter Drucker

Dieses Zitat beinhaltet, dass ein Unternehmen sowohl Manager als auch Leader braucht. Der Leader, auf Deutsch die Führungskraft (einfache Übersetzung, „Führer“ nicht zweckmässig) weiss, was getan werden muss und ist in der Lage, die Teams zu motivieren, dies auch zu tun. Der Manager weiss, wie er die Aufgabe effizient und fürs Unternehmen auf optimale Art und Weise ausführen kann. Dieser wesentliche Unterschied zwischen den beiden führt dazu, dass Führungskraft und Manager in Wirklichkeit fast nichts gemeinsam haben.

Zahlreiche, ab den 1950er Jahren durchgeführte Studien (K. Lewin, Blake & Mouton) haben gezeigt, dass Leadership unter anderem, zeitunabhängige, universelle Eigenschaften umfasst:

Weitsicht

Ein Leader richtet sich nicht nach dem Alltag, sondern hat das Unbekannte, das entfernte Ziel, die Zukunft, im Blick.

Kühnheit und Innovation

Eine Führungskraft geht Risiken ein, weil sie nicht zögert, neue Wege zu beschreiten.

Selbstvertrauen und Begeisterung

Ein Leader ist sich nicht sicher, dass er Recht hat und Erfolg produzieren wird. Er hat aber Vertrauen in sich und seine Leidenschaft und lebt diese.

Vision

Er kennt sein Ziel und kommuniziert, lässt andere daran teilhaben. Kommunizieren heisst in diesem Fall nicht, etwas zu sagen, sondern gehört zu werden.

Entscheidung und Verantwortung

Ein Leader trifft Entscheidungen, kreiert, fürchtet sich nicht vor Problemen und verfügt über eine weitreichende Komfortzone. Er übernimmt die Verantwortung und steht für die Konsequenzen gerade.

Energie und Ausdauer

Er hat Ausdauer, weiss, dass Rückschläge zum Fortschritt gehören und ist in der Lage, lange durchzuhalten, um sein Projekt zu verwirklichen.

Letztendlich bedeutet Führung aber auch immer Scheitern.

Boris Grundl

Deshalb, weil es eine ideale Führung nicht gibt. Dazu sind Menschen zu unterschiedlich und einzigartig. Beim Führen geht es (meiner Meinung nach) darum, einen machbaren Ansatz zu finden, gesunden Menschenverstand zu aktivieren, dies zu erkennen und sich damit weiterzuentwickeln. Wenn hierbei die Einsicht in das eigene Handeln fehlt und sich die Führungskraft der Motive des Handelns nicht bewusst ist, ist das meist aus einem Mangel an Persönlichkeit geschuldet. Persönlichkeit entsteht nur durch Reflexion.

Sie sind Führungskraft

Ob Sie wollen oder nicht. Ob Sie als Führungskraft leben oder nicht, ist jedoch Ihre Entscheidung.

„Wen haben Sie zu führen und wen können Sie führen?“, fragen Sie sich. Mindestens eine Person, egal welche Position Sie innehaben: Sich selbst. Ausser, Sie wollen nicht der (bewusste) CEO in Ihrem Leben sein.

Letzte Woche tauchte die Frage im Gespräch auf, welche die heutige SMSS initiierte. Die Frage, „was sind die schwierigsten Coaching-Kunden für dich?“ beantwortete ich spontan (System I, vgl. Kahneman) mit: „Gibt es nicht, weil, die an sich schwierigsten Kunden sich kaum für die Zusammenarbeit mit einem Coach entscheiden“.

Dann überlegte ich, was die grösste Herausforderung ist, was häufiger als angenommen wirklich Aufwand bedeutet, was eigentlich die Grundvoraussetzng beim Coaching ist. Diese Antwort sprudelte nicht aus mir heraus. Ich musste in der Tat darüber reflektieren.

Das Ergebnis, im Nachhinein so klar wie klare Ochsenschwanzsuppe: Es ist die Fähigkeit, Selbst-Reflexion zu betreiben. Sich mit sich selbst auseinanderzusetzen. Ohne Letzteres geht fast gar nichts im Hinblick auf persönliches Wachstum, auf persönliche Weiterentwicklung oder auf Leadership Entwicklung mit sich selbst.

Reflexion in ihrer einfachsten Form ist nichts anderes als ein (reifliches) Nachdenken und/oder sich überlegen, warum man was tut. Dies bedingt als erstes einen Beobachter einzustellen. Nützliche Reflexion beinhaltet die bewusste Betrachtung, differenzierte Analyse von Überzeugungen, Glaubenssätzen und Handlungen zu Lernzwecken. Reflexion bietet dem Gehirn einen Fundus an Möglichkeiten an, so albern es semantisch klingt, um zu reflektieren. Es bietet an, im Chaos innezuhalten, zu entwirren, zu sortieren – durch Beobachtung und unter der Berücksichtigung der eigenen Erfahrungen mehr Interpretations- und Bedeutungsmöglichkeiten zu schaffen. Nahrung für zukünftige Denkweisen, Verhalten und Sinn-Klarheit.

Sinn, Zweck und Erfüllung durch Reflexion, durch die Kreation einer „Bedeutungskonstruktion“, ist entscheidend für anhaltendes Wachstum und persönliche Entwicklung.

Giada Di Stefano, Francesca Gino, Gary Pisano haben dies in Callcenters untersucht. Es zeigte sich, dass Mitarbeiter, die jeweils 15 Minuten am Abend über die eigenen Erfahrungen und Lektionen reflektierten, nach nur zehn Tagen eine Produktivitätssteigerung von 23% im Vergleich zu den „Nichtreflektierern“ an den Tag legten. Eine Harvard-Studie kam zu dem Ergebnis, dass Pendler, die auf dem Weg von und zur Arbeit über ihren Tag reflektieren, glücklicher, produktiver und weniger „burn-out“-gefährdet sind, als die „Nichtreflektierer“.

So, wenn Reflexion hilfreich ist, warum wird es vernachlässigt?

Wann haben Sie das letzte Mal bewusst über sich oder ein Thema, ein Verhalten oder eine bestimmte Situation reflektiert? Vielleicht finden sich nachfolgend ein paar Hinweise:

Den Prozess verstehen

Wie reflektiert man? Einer meiner Kunden erklärte mir, dass er vergeblich versucht habe, am Sonntag eine Stunde zu reflektieren. In unserer Session schlug ich vor, 20 Minuten in Stille zu reflektieren und hinterher darüber gemeinsam nachzudenken. Nach fünf Minuten erläuterte er, dass er nicht wisse, was er tun oder denken solle.

Den Prozess nicht mögen

Reflexion bedeutet, sich mit Dingen auseinanderzusetzen, die einem typischerweise nicht so sehr gefallen: Sich Zeit nehmen, akzeptieren, nicht alles zu wissen, den Geist für Neugierde zu öffnen, Chaos zu umarmen, Ineffektivität zu akzeptieren und Verantwortung für sich zu übernehmen – das kann zu unkomfortablen, verletzlichen, verteidigungsorientierten und irritierenden Gedanken führen.

Die Ergebnisse nicht mögen

Nimmt man sich bewusst Zeit zum Reflektieren, dann erkennt man, was man gut kann und auch, was verbesserungswürdig ist. Oft vernachlässigt man die guten Dinge zu wertschätzen und die schlechten möchte man ja auch nicht unbedingt wahrhaben. Das führt zu Widerstand.

In Systemen gefangen – der Aktivität willen

Wie die Tormänner beim Elfmeter. Eine Studie (im Profi-Fussball) hat herausgefunden, die Torhüter, die in der Mitte des Tores bleiben, anstatt nach links oder rechts zu hechten, haben eine 33% höhere Wahrscheinlichkeit, den Ball vor der Torlinie zu stoppen – und doch – nur 6% der Nummer eins der Profis bleiben in der Mitte. Sie fühlen sich halt besser, wenn sie etwas unternehmen. Das gleiche gilt für uns. Zu reflektieren, in der Mitte zu bleiben, lässt uns befürchten, etwas zu versäumen.

Kein Nutzen/Ertrag (ROI – return of investment) sehen

Von klein auf lernen wir, jegliche Aktion soll ein positives Ergebnis generieren und zwar jetzt gleich. Reflexion erfüllt diese Erwartung eher selten, führt sie doch zu schrittweisen und nachhaltigen Veränderungen – und die passieren nicht in Nullkommanichts.

Sollten Sie sich in Einklang mit der einen oder anderen der aufgeführten Entschuldigungen finden – keine Sorge, da sind Sie nicht alleine – dann mag der eine oder andere kleine Schritt für Sie Sinn machen:

Plädoyer für Reflexion

Identifizieren Sie ein paar wichtige Fragen ohne sie gleich zu beantworten.

Beispiele:

Was vermeide ich?

Wie helfe ich mir, meine Ziele zu erreichen?

Wie helfe ich mir nicht oder sabotiere gar meine Entwicklung?

Wie kann ich zu meiner meist unerwünschten Gewohnheit positive Veränderung schaffen?

Wie könnte ich effizienter im Umgang mit mir selbst werden?

Meinen Weg der Reflexion finden

Viele Menschen reflektieren durch Notizen in einem Journal. Wem das unmöglich erscheint und ein Gespräch mehr Ihrem Gusto entspricht, dann probieren Sie dies aus – solange Sie reflektieren und nicht small-talken und über die letzte Trump-Misere oder über eine Kollegin herziehen, ist es schon gut. Es liegt an einem selbst, wie man reflektiert. Da kann man sitzen, gehen, spazieren, Rad fahren, stehen, alleine oder mit (Gesprächs-) Partner, schreiben, sprechen oder denken.

(Freie) Zeit planen

Termine verpassen wir selten. Warum nicht einen Termin mit sich selbst vereinbaren, um zu reflektieren? Und wenn Sie dann den Termin verschieben wollen, dann reflektieren Sie, warum Sie ihn verschieben wollen. Oft höre ich von Klienten, „Weisst Du, letztendlich habe ich nur in unseren Sessions Zeit, über mich zu reflektieren“ und ich frage dann, „Hat man Zeit oder nimmt man sich diese?“

Tun

Es gibt nichts Gutes, ausser man tut es. Zurück zu Ihren Fragen. Machen diese Sinn für Sie? Lassen Sie Ruhe einkehren. Denken Sie nach. Betrachten Sie das Gegenteil von dem, was Sie glauben. Was, wenn Sie falsch liegen? Brainstorming (Gehirn-Sturm) mit sich? Vielleicht. Oder einmal Stille geniessen,  sehen und beobachten, was der Geist so von sich gibt, wenn Sie ihm die Chance lassen. Um im Lotto zu gewinnen, muss man sich ein Los kaufen (dies dient als Metapher – sonst spielt der Loskauf eh keine Rolle – statistisch gesehen). Um zu reflektieren, braucht der Geist Raum. Sie brauchen wirklich nicht mit allen Gedanken, die da auftauchen, begeistert übereinzustimmen – nur nachdenken und das Nachdenken untersuchen und beobachten.

Unterstützung suchen

Für die meisten von uns bleibt die Reflexion auf der Strecke, weil wir sie nicht wirklich wollen, wir keine Begierde spüren, keine Erfahrung damit haben, uns die Zeit nicht nehmen wollen oder schlichtweg Angst haben, dass wir unsere Komfortzone erweitern – die ist doch gut so, wie sie ist. Einmal das Wunder der Reflexion erfahren, will man es nicht mehr lassen, kann sich kaum vorstellen, wie man ohne Reflexion auskam. Ziehen Sie die Arbeit mit einem Kollegen, Freund oder Coach in Betracht, um sich die Zeit zu nehmen, sich aufmerksam selbst zuzuhören – einen Reflexions-Partner finden als Sparring-Partner und jemanden, der Sie fordert, sich Zeit für die wichtigste Person in Ihrem Leben zu nehmen; Zeit für sich selbst.

Reflexion bedeutet Aufwand. Und wie Sie wissen, glaube ich, dass alles Gute im Leben Aufwand bedingt. Da wird einem nicht wirklich etwas geschenkt (bin mir sicher, es gibt Ausnahmen). Das Ergebnis ist klar, zumindest für mich. Peter Drucker hat es besser formuliert:

„Effektive Aktion gefolgt von stiller Reflexion führt zu mehr effektiver Aktion.“

und

„Nur wenige Führungskräfte sehen, dass sie letztendlich nur eine einzige Person führen können und auch müssen. Diese Person sind Sie selbst.“

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