Morgen beginnt die Kalenderwoche 45. In sieben Wochen ist das Jahr vorbei – die ersten Weihnachtsbroschüren waren schon im Briefkasten. Welche Ziele hast du in diesem Jahr erreicht? Du hattest doch Ziele, oder?

Wenn du nicht ganz oder wirklich zufrieden bist, dann kannst du einfach denken, es waren sowieso die falsche Ziele. Vielleicht zu gross oder zu klein. Oder sie waren nicht spezifisch genug, waren eigentlich nicht wirklich sinnvoll oder der Fokus verlor sich recht schnell nach der Euphorie der Neujahrsvorsätze.

Eines ist klar:

Ohne Ziel kein Weg

Es führen zwar viele Wege nach Rom, viele Wege führen aber ebenfalls nach Paris, Madrid, Bern, Berlin oder London. Erst wenn du genau weisst, dass du nach Rom willst und wie du dorthin kommst, solltest du dich auf den Weg machen. Unterwegs kannst du immer noch, wenn Schwierigkeiten auftauchen, die am besten geeignete Route neu festlegen, beziehungsweise den vorzufindenden Gegebenheiten anpassen.

Deine Ziele tragen nicht die Verantwortung dafür, ob du sie erreichst oder nicht. Ziele bringen dir auch nicht langfristiges Glücklichsein. Rational betrachtet scheinen sie eine gute Möglichkeit zu sein, das zu bekommen, was du willst. Sie sind hoffentlich greifbar, messbar und haben einen Zeitrahmen, sind also smart (spezifisch, messbar, akzeptierbar (machbar), realistisch, terminiert) oder besser noch smarter (…, ethisch und haben einen reward = Belohnung).

Sie sind ausserdem besser etwas, worauf du zugehen willst – also zum Beispiel „gesünder leben“ als etwas, was du abschaffen willst: „Ich will 10 Kilo verlieren“.

Egal, wie dünn man eine Scheibe schneidet, sie hat immer zwei Seiten. So ist es auch mit den Zielen. Bis wir sie erreichen, können wir sie als Druck empfinden und schlimmer noch – haben wir sie erreicht, dann verschwinden sie. Dann also her mit dem nächsten Ziel und der Zyklus wiederholt sich.

Der Harvard Forscher Tal Ben-Shahar bezeichnet dies als Ziel-Erreichungs-Irrtum (the arrival fallacy) in seinem Buch „Happier: Learn the Secrets to Daily Joy and lasting Fulfillment“.

Letztendlich wollen wir alle Happiness. Glück(lichsein) ist jedoch ein weiter Begriff und schwer messbar – und oft ein temporäres Nebenprodukt des Augenblickes. Ziele bringen dich vorwärts, aber wie sieht es mit der Freude beim Weg dorthin aus?

Der Ziel-Erreichungs-Irrtum hat in meiner Welt erneut zwei Seiten. Zum einen, wenn man das Ziel erreicht hat, war man zuvor schon so damit beschäftigt, dass das Erreichen nur noch ein kleiner Schritt ist. Und zuvor, steht tiefer dahinter die Annahme, dass ich glücklich sei, wenn ich den neuen Job endlich habe, Partner geworden bin, geheiratet habe, geschieden bin, ein Kind habe oder umgezogen bin – kurz: „…dann, wenn ich mein Ziel erreicht habe, bin ich endlich glücklich!“

Damit befinden wir uns jedoch öfter als bewusst auf dem Holzweg.

Der Unterschied zwischen Ziel und Ergebnis…

…ist spontan recht einfach zu definieren. Ziel liegt in der Zukunft und Ergebnis ist jetzt. Jedes Verhalten führt zu einem Ergebnis. Aber macht dieses Ergebnis jetzt glücklich? Vielleicht ja, aber wie lange?

Der Unterschied zwischen Glück und Sinnhaftigkeit blickt auf eine lange Geschichte, Tausende von Jahren, zurück. Zwei Formen des Wohlbefindens wurden definiert. Hedonia (Hedonismus), das altgriechische Wort  für das, was Verhaltenswissenschaftler oft als Glück bezeichnen aber eigentlich für Vergnügen steht, und Eudaimonia (Eudamonie), welches ich, Kant möge mir verzeihen (…er hat Eudamonie kritisiert), als bedeutsames Leben interpretiere.

Mag glückliches Leben für den einen oder anderen durch Genuss definiert sein, für mich ist ein bedeutungsvolles, sinnvolles und erfülltes Leben etwas Grösseres.

In diesem Zusammenhang ist für mich das Ergebnis eine Einstellung oder eine Geisteshaltung. Hinter jedem Teil-Ergebnis steht ein grosses Thema, festgelegt im Lebensplan. Unser jetzt „Glücklichsein“ in Gänsefüsschen wird nicht durch singuläre Ergebnisse bestimmt, sondern durch etwas Gesamtes – ein Thema. Nämlich das, wofür ich stehe.

Der Unterschied zwischen Ziel und Thema

Ein Thema kann ein einzelnes Wort sein – ein Verb, ein Substantiv oder ein Adjektiv. „Kommitment“, „Wachstum“, „Lernen“ und „Selbstbestimmtheit“ können Themen sein. Ebenso wie „investieren“, „unterstützen“, „Freundlichkeit“ oder „Wertschätzung“ – und ebenso die Grundwerte, die für dich wichtig sind.

Willst du freundlich sein, sei heute freundlich. Willst du reich sein, fange heute an. Möchtest du gesund leben, dann lebe heute gesund. Willst du wertschätzen, dann sage heute häufiger danke.

Das Thema ist das Erbe, dein Vermächtnis (Legacy), das du hinterlässt. Es ist das, was du auf deinem Grabstein als deinen Beitrag geschrieben haben möchtest.

Das Ziel fragt:

„Was will ich?“

und das Thema fragt:

„Wer bin ich?“

 

Themen haben mit dem Lebensplan zu tun. Ordnung und Struktur in den (Teil-) Zielen definieren. Nur du selbst bist die aktiv handelnde Person in deinem Leben. Was sind die übergeordneten Konsequenzen?

 

Wie lebst du dein Thema?

Wer, ausser dir, wird von deinem Thema betroffen sein?

Was musst du aufgeben, um dein Thema zu realisieren?

Was spricht dafür, dein Thema NICHT zu leben?

Wie wird sich dein Leben verändern, wenn du dein Thema realisierst?

Welche Optionen gibt es für dein gewünschtes Thema?

Passt das Thema zu dir – ist es wirklich deines?

 

Themen sind immun gegen die Ängste von morgen. Sie sind losgelöst von dem Bedauern des Gestern. Alles was zählt ist, was du heute (=gerade) tust, wer du jetzt in der Sekunde bist und wie du gerade entscheidest zu leben.

Mit einem Thema wird Glücklichsein mehr etwas, wie du dich verhältst und hängt nicht an dem, was du erreichst. Das Leben ist nicht eine Abfolge von Siegen und Niederlagen. Mögen uns die Höhen und Tiefen schockieren, uns aufbauen und unsere Erfahrung für immer beeinflussen – trotzdem – sie definieren uns nicht. Wir definieren uns in unserem Verhalten und das können wir im Abgleich mit unseren Themen entscheiden und dies liegt immer in unserer Verantwortung – in jedem Moment.

Der Grossteil unseres Lebens entsteht dazwischen, läuft nebenbei, zwischen den Momenten, die wir willigen Zuhörern gerne und oft erzählen. Dort dazwischen, in jedem Moment, wollen wir unser Leben geniessen und zwar mit Sinn und Selbstbestimmtheit.

Damit verteilt sich das Glücklichsein über die Zeit. Es mag nicht gleichmässig verteilt sein, aber dein Potential lebt mit und nur in deinem Thema. Dein Thema macht die Ziele zu einem Nebenprodukt deines Glücklichseins, anstatt dass dein Glücklichsein ein Nebenprodukt deiner Ziele wird. Dein Ziel fragt: „Was will ich?“. Dein Thema fragt: „Wer bin ich?“.

Ein Ziel erfordert eine ständige Visualisierung, damit es verwirklicht wird. Ein Thema ist verinnerlicht und steht immer zur Verfügung, wenn das Leben dich auffordert zu reflektieren.

Ein Ziel teilt Handlungen in richtig oder falsch ein. Ein Thema macht jede Aktion zu einem Handlungsteil eines Meisterwerkes: deines Lebens.

Ein Ziel hat meist externe Konstanten, nicht unbedingt kontrollierbar. Ein Thema ist eine interne Variable, die deiner Kontrolle unterliegt.

Ein Ziel fordert das Nachdenken über das, wo du hin willst. Das Thema sorgt dafür, dass du dich auf das, wo du dich gerade befindest konzentrierst.

Ein Ziel will Ordnung im Chaos finden. Ein Thema bietet Raum für Erfolg in diesem Chaos.

Ein Ziel erwartet die Erfüllung in der Zukunft, zum Beispiel beim Zahltag. Ein Thema findet die Erfüllung in der Gegenwart.

Ein Ziel fragt: „Was haben wir heute erreicht?“. Ein Thema fragt: „Was läuft und ist heute gut?“

Ziele sind wie Honig. Oft klebrig wie langsam erstarrender Zement. Gelegenheiten werden übersehen. Themen sind fliessend von innen nach aussen. Sie sind, wer du bist und erlauben die Anpassung durch dich an aktuelle Gegebenheiten.

Zur Klarstellung: Dein Autor liebt Ziele – einfach, weil es ohne Ziel keinen Weg gibt. Aber, und das ist der Zweck dieses Artikels, wenn wir Ziele als unser primäres Mittel zum Erreichen von Glück wählen, dann tauschen wir kurzfristige Motivation gegen langfristige Lebenszufriedenheit ein. Themen geben uns sinnvolle und erreichbare Standards für unser Leben. Ziele sind nicht mehr als Handlungsgehilfen unserer Themen – und da brauchen wir sie auch. Mit Themen werden wir, wer wir sein wollen – und zwar jeden Tag einen Schritt weiter. Langzeitlebensbefriedigung findet nicht hin und wieder statt, sondern jeden Tag.

Kein weiteres Warten nötig. Entscheide einfach, wer du sein willst und dann lebe es.

Dein Thema wird dir geben, was dir kein Ziel geben kann. Nämlich das Gefühl, dass du heute der bist, der du sein willst – direkt hier und jetzt – und das reicht – zumindest für heute, denn du hast heute dein Bestes gegeben, du bist deinem Thema treu geblieben: Das ist eine Geborgenheit in dir für dich.

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