Photo: Svetlana Pochatun – unsplash

Montag, der 28. Juni. Der Vorstand wollte Peter dringend gleich am Morgen sehen. Kaum sass Peter im Sessel, dachte er nach, wie lange sie sich kannten; über ein Vierteljahrhundert. „Nun, Peter“, sagte der CEO, „wir haben entschieden, dich fristlos zu entlassen. Das ist die schlechte Nachricht. Wir zahlen dein Gehalt für die nächsten 4 Jahre wie bisher und als Abfindung erhältst du eine halbe Million. Das ist die gute Nachricht.“

Peter schlenderte vom Büro direkt zum Mercedeshändler. Das Coupè hatte er schon lange im Auge – und jetzt mit der halben Million, warum nicht 180 Tausend ausgeben und sich den Wunsch erfüllen? Der Papierkram war schnell erledigt und gerade als er den Verkaufsraum verlassen wollte, kam der Niederlassungsleiter und gatulierte Peter, dass er der ein millionste Kunde der Filiale sei, er damit das Auto umsonst erhält und es am Nachmittag abholen kann.

Peter überlegte sich gerade, ob es Zeit für einen Cappuccino sei, als ihn seine Frau von der gegenüberliegenden Strassenseite zuwinkte und auf ihn zueilte. Genau in diesem Moment erfasste sie der LKW.

Peter dachte, hmm, heute läuft es aber gut…

Wie lief Ihre letzte Woche, wo genau auf einer Skala von 1 bis 10, mit 1 ziemlich bescheiden und 10 hervorragend?

Warum ist es so schwer, wirklich glücklich zu sein? Warum ist das Leben oftmals so schwierig? Warum müssen wir leiden? Und was können wir dagegen tun?

Die Akzeptanz- und Commitment-Therapie (ACT) hält dafür Antworten parat. Ich bin ja Coach und definitiv kein Therapeut, aber ACT ist spielerisch, dessen Grundlagen sind offensichtlich und einfach in der „Selbsttherapie“ umsetzbar.

„Mit dem Glück ist das so eine Sache. Die Ironie liegt darin, dass Menschen Glück nicht nur suchen, sondern, dass sie es festhalten wollen – besonders, um jegliche Art von „Unglücklichsein“ zu vermeiden. Leider erweisen sich genau diese Kontrollmechanismen oft als rigide erdrückend.

Glücklichsein bedeutet nicht nur „sich gut fühlen“. Wenn dem so wäre, wären Drogensüchtige die glücklichsten Menschen auf dem Planeten. Danach zu streben, sich gut zu fühlen, kann in der Tat eine ziemlich unglückliche Angelegenheit sein. Es ist sicherlich kein Zufall, dass Drogenkonsumenten vom „Fixen“ sprechen, versuchen sie doch, auf chemische Weise etwas zu fixieren, an einem Platz zu halten. Doch das Glück stirbt wie ein aufgespiesster Schmetterling, wenn wir es nicht behutsam anfassen.“[1]

Präzise und in lebendiger Sprache stellt Russ Harris, in seinem Buch „ACT leichtgemacht“, theoretisch wie praktisch dar, wie der Mix aus Achtsamkeit (Gewahrsein), Akzeptanz und einem „sich auf die Dinge einlassen können“ wirkt. Es ist weitaus leichter möglich, sich aus dem Leid gedanklicher Verstrickungen zu befreien, als man glaubt.

Was ist der Geist:

Das ist so schwer. Das kann ich nicht. Warum funktioniert das nicht? Es hat sich so einfach dargestellt, als ich die Anleitung las. Ich wünschte, da wäre jemand, der mir sagt, was zu tun ist. Vielleicht bin ich nicht aus diesem Holz geschnitzt? Ich bin so doof. Ich bin nutzlos in dieser Sache. Dafür habe ich absolut kein Talent, etc.

Spricht Ihr Geist ab und zu mit diesen Worten zu Ihnen? Mir jedenfalls kommen diese Gedanken bekannt vor. Lassen Sie uns einen Moment reflektieren, was unser Geist noch alles verbricht, damit wir uns beschissen (für die Schweizer: verschissen) fühlen. Zum Beispiel vergleicht der Geist Sie nicht kompromisslos negativ mit anderen, kritisiert unnachgiebig Ihre Bemühungen oder sagt Ihnen, das kannst du nicht tun, was du da vor hast? Er erinnert Sie gerade dann an die unangenehme Situation, an jenes ungewollte Verhalten, immer gerade dann, wenn Sie es am wenigsten brauchen können? Bringt der Geist nicht gruselige Szenarien ins Bewusstsein, was alles, in mannigfaltiger Weise, demnächst (in der Zukunft) schief gehen kann? Wenn Ihnen dies bekannt vorkommt, dann kann ich Sie beruhigen – das alles ist menschlich und normal. Lassen Sie uns annehmen, dass wir eine Tendenz haben (denkbar und erklärbar aus der evolutionären Entwicklung unseres Gehirns), häufiger als uns lieb ist, destruktiv zu denken und uns damit auch Leid (selbst – von innen) zufügen zu können. ACT spekuliert, dass sich die Wurzeln dieses Verhaltens in unserer Sprache finden.

Sprache und der Geist

Die menschliche Sprache ist ein hochkomplexes System: Worte, Bilder, Töne, Gesichtsausdrücke und Körpersprache sind ineinander verflochten. Frei nach Watzlawick, man kann nicht nicht sprechen (kommunizieren). Wir nutzen Sprache jedoch in zwei Fakultäten: Öffentlich (nach aussen) und privat (innerlich). Die öffentliche Variante setzt sich aus Sprechen (als psychophysische Fähigkeit), Reden, Mimik, Gesten, Schreiben, Malen, Skulptieren, Singen, Tanzen, Schauspielern usw. zusammen. Privat lässt es sich in Denken, Vorstellen, Tagträumen, Planen, Visualisieren, Analysieren, sich Sorgen, Fantasieren etc. aufteilen. Wir nennen das Kognition.

Nun, sicher ist der Geist weder ein „Ding“ noch ein „Objekt“. Wir benutzen das Wort Geist um interaktive, komplexe und kognitive Prozesse wie u.a. Analysieren, Vergleichen, Bewerten, Planen und Visualisieren zu beschreiben. Dabei stützen wir uns auf ein System von Symbolen, das wir menschliche Sprache nennen. Ohne Sprache kein Denken.

Der Geist ist weder Freund noch Feind

Aber der Geist ist zweischneidig – und das ist sinnvoll und wir können lernen zu unterscheiden, wie er uns unterstützt oder wie er uns schadet. Die positive Seite der Sprache gibt uns Landkarten und Modelle der Welt, in der wir leben; wir planen für die Zukunft; wir lernen aus der Vergangenheit; wir teilen Wissen; wir stellen uns Dinge vor, die es noch nicht gibt und kreieren sie; wir entwickeln Regeln, die unser Verhalten bestimmen; wir kommunizieren mit Menschen weit entfernt und wir lernen von Menschen, die schon lange tot sind.

Die negative Seite beinhaltet Lügen, Manipulation, Täuschung, Hass, Vorurteile, Gewalt, Waffen zur Massenvernichtung und das sich wiederholende Durchleben von schmerzhaften Erlebnissen aus der Vergangenheit. Wir vergleichen, bewerten, kritisieren, verurteilen uns und andere und kreieren Regeln für uns, die oft beeinträchtigend oder destruktiv sind.

Gedanken, Emotion oder Gefühl?

Wir können uns einigen, unter Gedanken jegliche Kognition und unter Gefühlen Emotionen, Empfindungen und Triebe zu verstehen. Was kommt zuerst? Der Gedanke, die Emotion oder das Gefühl?

Gedanke:  Die Fähigkeit, Ideen und Abbildungen der Realität im Verstand zu bilden.

Emotion:  Ausdrucksform psychophysiologischer, biologischer und mentaler Zustände.

Gefühl:  Gemütszustand oder emotionale Verfassung bezüglich einer Sache, einem Geschehen oder einer Person.

Denken, Emotionen und Gefühle sind sehr unterschiedliche Dinge. Unsere Art zu denken bestimmt das, was wir fühlen, und wir nehmen das, was wir gerade denken, als Beweis für unsere Wahrheit. Fantastisch, was wir da kreieren können – und oft spielen wir uns dabei einen Streich.

Ein Beispiel:

Ich praktiziere Yoga. Dies ist eine Aktivität, die mir gefällt und bei der ich mich wohl fühle. Ich praktiziere es bereits eine Weile und in meinem Lernprozess hatte ich bisher gute und nicht so gute Tage. Es steht jedoch fest, ganz objektiv, dass meine Yogaübungen sich zusehends verbessert haben. Nun bin ich in der Lage, Stellungen einzunehmen und zu halten, die mir anfangs unmöglich erschienen.

Gestern ging ich wieder zum Unterricht, ohne allerdings in wirklich guter Form zu sein. Ich schaffte es nicht, Haltungen einzunehmen, die mir vor einigen Tagen noch sehr gut gelungen waren. Vor der Stunde dachte ich eigentlich, die Übungen seien nun Teil meiner Kenntnisse und Aktivitäten als Yoga-Lernender. Doch der Frust holte mich ein:

Mein Denken sagte mir: “Ich bin völlig unfähig, das ist nichts für mich.”

Meine Emotion teilte mir mit: “Ich bin wütend auf mich selbst.”

Mein Gefühl danach und für den Rest des Tages war: “Ich fühle mich traurig, niedergeschlagen und mutlos.”

ACT

Ein einfaches Akronym für Akzeptanz und Commitment-Therapie:

A = Akzeptieren der Gedanken und der Gefühle, präsent Sein.

C = (Choose) Auswählen einer grundwerteorientierten Handlungsweise.

T = (Take Action) Aktiv werden.

ACT teilt sich in sechs Prozesse auf: Den Augenblick, Akzeptanz, wer bin ich?, Abstand zu den Gedanken, Werte und Commitment (es ist mir ernst). Mehr zu diesen Prozessen gibt es im Teil II am nächsten Sonntag.

[1] Russ Harris, Wer dem Glück hinterherrennt, läuft daran vorbei: Ein Umdenkbuch

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