Veränderung ist schwer. Jeglicher Neujahrs-Vorsatz hat mit Veränderung zu tun. Gilt doch der Spruch „Das Einzige, das sich nicht ändert, ist die stetige Veränderung.“ Ich meine, es gibt zwei Dinge, die sich nie ändern: ja, die Veränderung an sich und zweitens, unser Wille und Bedürfnis uns zu verändern und uns zu entwickeln. Mehr Sport (> 50%), Abnehmen (46%), gesünder Ernähren (41%) und mehr Sparen (27%), so das Ergebnis einer Umfrage in Deutschland zu den guten Vorsätzen für 2017.

Der Durchschnitts-Amerikaner nimmt sich die gleichen Vorsätze zehnmal erfolglos in Reihe vor. Nach vier Monaten sind bereits 25% der Vorsätze eingestellt – und jene, die durchhalten und ihr Ziel erreichen, brauchen fünf bis sechs Misserfolgs-Jahre bis es dann schliesslich klappt.

„Ich nehme mir vor, dieses Jahr keine Vorsätze zu nehmen“, ist ein erfolgsversprechender Vorsatz, doch gleichzeitig auch eine Kapitulationserklärung. Nichts verbessern zu wollen widerspricht – zumindest in meiner Welt – dem menschlichen Wunsch, sich weiterzuentwickeln. Stellen Sie sich vor, beim Stammtisch die Eröffnungsaussage: „Nun, mir geht es gut und ich bin so glücklich, das ich mich nicht mehr entwickeln will…“.

Bei diesen schlechten Vorsatz-Ergebnissen scheint es angebracht, sich die Problematik vielleicht von einer anderen Seite anzuschauen. Dr. Robert Maurer hat zu diesem Thema ein sehr interessantes Buch geschrieben. Er greift auf seine Erfahrung als klinischer Psychologe und auf Kaizen – die Kunst, mit kleinen Schritten grosse Veränderungen einzuleiten, zurück. Gute Vorsätze scheitern oft daran, dass wir uns einfach zu viel auf einmal vorgenommen haben, anstatt auf Laotse zu hören:

„Eine Reise von tausend Meilen beginnt mit dem ersten Schritt.“

Welches ist Ihr höchstes Ziel, Ihr grösster Wunschtraum? Möchten Sie einen Adonis-Körper, fit und gut aussehend und von Aphrodite geliebt werden? Wie wäre es mit einer fetten Beförderung oder ein eigenes Geschäft aufbauen? Oder einfach nur Multi-Millionär sein?

Manche dieser Ziele und Träume scheinen weit entfernt. Und unser gesunder Menschenverstand sagt uns, wenn wir grosse Ziele erreichen wollen, dann müssen wir auch grosse Veränderungen vornehmen. Nichts Süsses mehr, täglich Sport treiben, 60 Stunden die Woche arbeiten und jeden Pfennig auf die Seite legen.

Was wäre, wenn die Erreichung grosser Ziele nicht mehr fordern würde, als kleine machbare Schritte zu tun, die uns weiterbringen? Dieses Prinzip heisst, und ist in der Wirtschaft seit mehr als 60 Jahren erfolgreich, Kaizen. Es gibt zwei Gründe für das Kaizen. Wenn Innovation nicht funktioniert und wenn Innovation erfolgreich war. Die einzige Möglichkeit, Erfolg – egal welcher Art – beizubehalten und/oder zu entwickeln, liegt in der Fähigkeit, kleine machbare Schritte auf dem Wege des Verbesserns zu finden, sei dies in der Beziehung, der Gesundheit, der Karriere oder bei den Finanzen. Egal was, Kaizen macht es erfolgsversprechender.

Wir leben in einer Welt, die geprägt ist von „mehr ist besser“. Natürlich wollen wir gesünder leben und es ist uns klar, dass körperliche Ertüchtigung keine negativen Nebenwirkungen hat. Wir wollen etwas drastisch ändern und geben uns dafür drastische Aufgaben. Es ist mehr als schwierig, von null körperlicher Aktivität ab morgen jeden Tag eine Stunde in der Gym zu verbringen. Die Gym kostet Geld, es muss in den Tagesplan passen (Anreise und Rückreise) und man muss ziemlich motiviert sein, dieses Regime dann auch noch einzuhalten.

Veränderung bedeutet Durchhaltevermögen, so sind wir überzeugt. Das sind grosse Worte und schreit nach Aufwand und Misserfolg, kennen wir doch unseren inneren Schweinehund. Es gibt jedoch die Möglichkeit, diesen Mut zum Durchhalten einfach zu finden, denn wenn wir keine Angst vor dem Versagen haben, dann sind wir gerne aktiv. Dies, indem wir uns damit abfinden, etwas in ganz kleinen Schritten und durch Gewohnheit zum Ziel zu bringen. Um diese kleinen Schritte zu unternehmen, könnte man sich zu aller Anfang – denn jeder Anfang ist schwer – die „kleinen“ Fragen stellen.

Kleine Fragen:

Wenn Gesundheit meine Priorität wäre, was würde ich heute anders tun?

Was ist die eine Möglichkeit, mich zu erinnern, mehr Wasser zu trinken?

Wie könnte ich ein paar Minuten Work-out in meinen Tag einbauen?

Welches ist die eine kleine Aktion, die ich heute tun könnte, um meine Beziehung zu verbessern?

Was ist die eine kleine Aktivität, die ich tun könnte, um meine Karriere erfolgreicher zu machen?

Wie kann ich heute einen Euro/Franken/USD sparen?

Wenn Millionär werden meine Priorität wäre, was würde ich dann jetzt in diesem Moment tun?

Was bedingt Kaizen?

Kaizen bedingt Geduld und Selbstwertgefühl. Meist, wenn wir Veränderung wollen, sind wir mit uns unzufrieden – und wenn ärgerlich mit uns, sind wir kaum tolerant genug, um kleine Schritte zu akzeptieren. Wir wollen es schon gestern und morgen ist es bereits zu spät. Je aufgewühlter, je ungeduldiger wir sind, umso so weniger haben wir Zugriff auf unsere Kreativität und desto weniger offen sind wir für Neues. Zweitens, Kaizen bedingt Optimismus, da die einzelnen Schritte so klein (Beispiele folgen) sind, dass wir kaum erkennen, dass wir Fortschritte machen. Und drittens, Kaizen ist nachweislich sehr erfolgreich, sodass man sich sicher sein will, was man denn eigentlich erreichen will, sonst findet man sich vielleicht auf dem falschen Dampfer, ohne es zu merken.

Vier kleine Schritte beim Kaizen und einfach zu lernen:

„Kleine“ Fragen stellen, um Angst zu zerstreuen und Kreativität zu fördern.

„Kleine“, einfache Gedanken entwickeln, zur Aneignung neuer Fähigkeiten und Gewohnheiten – ohne einen Muskel zu bewegen.

„Kleine“ Massnahmen ergreifen, deren Erfolg garantiert ist.

Die „kleinen“, aber wesentlichen Momente erkennen, auf die niemand sonst achtet.

Kaizen für Gesundheit (ein Beispiel)

Einfache Fragen

Welche Trivialität könnte ich tun, um meine Gesundheit zu verbessern?

Was könnte ich für eine Minute tun, um meine Gesundheit zu verbessern?

Was könnte ich für eine Minute sein lassen, um meine Gesundheit zu verbessern?

Jetzt könnten Sie dran sein und sich fünf Fragen überlegen.

Kleine Gedanken denken

Als Beispiel könnten Sie denken, nur noch kleine Portionen und nur einmal am Buffet aufzuladen. Oder: zwischen den Bissen, die Gabel auf dem Tisch abzulegen und zu hören, wie das klingt, bevor Sie sie wieder in die Hand nehmen. Die Serviette betrachten und ihre Textur untersuchen….

Welche Gedanken helfen Ihrer Gesundheit? Schliessen Sie alle Sinne mit ein, um Ihre Gesundheit im Geiste, ohne körperlichen Aufwand zu verbessern.

Kleine Schritte tun

Wollten Sie ein Trainingsregime beginnen, dann setzen Sie sich jeden Morgen für ein paar Minuten auf die Yoga-Matte mit Kaffee und Zeitung. Wollen Sie mehr schlafen, gehen Sie eine Minute eher zu Bett oder bleiben am Morgen eine Minute länger liegen. Sie wollen die Zähne flossen, dann flossen Sie für 30 Tage einen…

Jetzt könnten Sie dran sein und sich fünf Aktivitäten überlegen, die gut für Ihre Gesundheit wären.

Kleine Momente erkennen

Kleine Momente erkennen, um motiviert zu bleiben. Feststellen, wie sich der Körper anfühlt, wenn man sich ausgiebig streckt. Erkennen, welche Gedanken im Kopf auftauchen, wenn man die Nahrung kaut und die Gabel auf dem Tisch liegt. Zuschauen, welche  Menschen um einen herum ihr Essen geniessen oder es nebenbei einfüllen. Nach dem Essen, das Gefühl der angenehmen Wärme vergleichen mit dem Gefühl, wenn man zu viel gegessen hat.

Gedanken, Fragen und Aktion in kleinen Schritten, das ist Kaizen. Man könnte sich nun fragen, ob dies Sinn macht, da das Ziel endlos in der Zukunft zu sein scheint. Hier hilft die Einstellung, dass jeder Schritt, den man in die richtige Richtung unternimmt, einen der Gewohnheit näher bringt. Und ist etwas einmal Gewohnheit geworden, dann wird der Weg um vieles einfacher und weniger steinig und steil. Mit jedem Schritt nähert man sich dem grossen Ziel. Gedanken, Fragen und Aktion sind dann im Fluss mit dem Selbst und man hat keine Konflikte in sich zu lösen, was das Ziel anbelangt. Es ist einfach klar, dass man jeden Tag etwas Kleines unternimmt, um das Grosse zu erreichen. Philipp Reis gelang es erstmals vor 156 Jahren eine funktionierende elektrische Fernsprechverbindung (Telefon) aufzubauen. Er dachte, der einzige Nutzen sei, dass Telegraphenbeamte über das Telefon mitteilen könnten, dass ein Telegramm verspätet sei…

„Alles Grosse beginnt stets als Kleines.“

Laotse

und

„Grain by grain, a loaf. Stone upon Stone, a palace.”

George Bernard Shaw

Ich wünsche Ihnen erfolgreiches Kaizen für 2017.

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