Richard Feynman war nicht nur ein großartiger Wissenschaftler. Wie kaum ein anderer konnte er seine Wissenschaft auch allgemeinverständlich erklären. Und er bemühte sich immer, den üblichen Vorurteilen gegenüber der Wissenschaft entgegenzutreten. Viele Menschen sind ja fälschlicherweise der Meinung, Wissenschaft wäre “kalt” und “emotionslos”. Dort wo Wissenschaft agiert, gäbe es keine Gefühle und eine wissenschaftliche Analyse würde die Schönheit der Dinge zerstören. Das ist natürlich ganz grosser Unsinn. Wissenschaft ist weder “emotionslos” noch zerstört das Wissen über ein Phänomen seine Schönheit. Richard Feynman hat das in einem seiner Interviews in einem Monolog sehr gut erklärt.

Ein Freund, ein Künstler, warf Feynman vor, er als Wissenschaftler könne die Schönheit einer Rose nicht richtig würdigen. Feynman antwortete ihm:

“Die Schönheit, die sie für dich hat, entgeht mir keineswegs. Aber ich sehe auch eine tiefere Schönheit, die sich anderen nicht ohne weiteres erschliesst. Ich sehe die komplizierten Wechselbeziehungen in der Blüte. Die Blüte ist rot gefärbt. Sie hat eine Farbe – das bedeutet, dass sie sich in der Evolution entwickelt hat, um Insekten anzulocken. Damit, scheint es, haben wir eine neue Frage. Können Insekten Farben sehen? Haben sie ein Gespür für Ästhetik? Und so weiter. Ich verstehe nicht, wie eine Blüte an Schönheit verlieren soll, wenn wir sie untersuchen. Es kommt immer nur Schönheit hinzu.” (Video Zitat: Richard Feynman höchstpersönlich auf Englisch)

Es kommt immer nur Schönheit hinzu

Ich weiss nicht, wie es Ihnen geht, aber ich möchte immer wissen, wie was warum funktioniert. Nicht, dass mir das immer gelingt und dennoch glaube ich, wenn man zum Beispiel versteht, warum man sich in einer bestimmten Situation so oder so verhält, fällt es leichter, falls gewünscht, Veränderungen einzuläuten.

Ich finde, dass die wahre Schönheit oft durch die Augen eines neugierigen Menschen erkannt werden kann. Als Beispiel kann man Bach hernehmen. Wenn man weiss, was eine Fuge ist und was sie ausmacht, macht es sie noch schöner und faszinierender, weil man nicht nur die Genialität hört, sondern sie auch besser versteht.

Schönheit in Form von Essenz

Wir verwenden das Wort „schön“ recht grosszügig. Aber was meinen wir damit genau? Die häufigste Assoziation ist mit Szenarien, die uns emotional bewegen. Es hat oft etwas mit Dingen und/oder Empfindungen zu tun, die wir nicht sogleich definieren oder erfassen können, weil dieses „Schöne“ einfach keine Sache ist, die man leicht festnageln kann.

Die Ästhetik des Künstlers spielt, wie Feynman in seinem Monolog erklärt, in genau diese Art von Schönheit. In dieser Schönheit gibt es Lücken – und manchmal ist das gut so. Die Schönheit, zum Beispiel der Liebe weiter zu zerlegen, würde sie eventuell reduzieren.

Der Grund dafür ist, dass sich Schönheit nicht in einer bestimmten Funktion einer Sache versteckt, sondern sich in der Essenz der ganzen Sache zeigt. Sobald ein Teil der Sache „störend“ ist oder wir versuchen sie zu verkleinern, dann verliert das Ganze.

In der Linguistik gibt es den berühmten Satz, „The map ist not the territory“ von Korzibsky. Das meint, sobald wir etwas beschreiben, verliert es einen Teil der Wahrheit, weil wir nur aus unserer eigenen Realität beschreiben können.

Nur in der Essenz liegt die Wahrheit. Glücklicherweise können wir das Thema trotzdem weiter erörtern:

Schönheit im Detail

Natürlich macht Feynmans Aussage auch Sinn und führt zu einem ähnlichen Ergebnis für die Schönheit. In der Wissenschaft versucht man, ohne Löcher auszukommen. Wäre dem nicht so, dann wäre unsere Entwicklung deutlich langsamer.

Gute Wissenschaft schafft eine eigene Art von Schönheit. Sie gibt uns die Möglichkeit, unsere Umwelt ein bisschen mehr zu beeinflussen oder zu kontrollieren und sie bringt uns das Verständnis der Natur, die uns geschaffen hat, näher.

Oft wird dabei vergessen, dass im Prozess des Verstehens neue Fragen auftauchen. Wenn Feynman wusste, dass der Zweck der Blume es auch ist, Insekten anzuziehen, gab dies ihm nicht nur eine Antwort, sondern öffnete die Toren für weitere Explorationen. „Warum sind die Blumen farbig? Also sehen Insekten Farben?“

Beim tiefer gehen, beim Verstehen, gewinnen wir weiteren Zugriff auf Einzelheiten, die eine neue Ebene mit neuer Schönheit und ihrer eigenen Wahrheit entstehen lässt. So gibt es die Schönheit in der Essenz und im Detail – und diese steht jedem zur Verfügung.

Alles, was Sie wissen müssen

Feynmans intellektueller Beitrag für die Welt geht weit über einen kurzen Monolog, von sich gegeben in einem Interview, hinaus. Bei mehr Interesse empfehle ich Ihnen Sie belieben wohl zu scherzen, Mr. Feynman!. Der Monolog gibt uns jedoch eine Idee, wie Feynman tickte. Er sah, wie Paradoxien miteinander funktionieren und er erklärte diese am Beispiel der Schönheit.

Der Künstler und der Wissenschaftler können beide die tiefgründige Schönheit der Blume bewundern und wertschätzen – und doch – nicht notwendigerweise weiss der eine, was der andere beim Anblick der Blume empfindet. Das ist wie im richtigen Leben. Oft glauben wir, genau zu wissen, was der andere empfindet und genauso oft liegen wir damit falsch.

Der Artist sieht und ist besser trainiert, die Essenz, das Ganze als Schönheit aufzunehmen. Manchmal kann man die Realität nicht auf Worte oder Erklärungen reduzieren. Vielmehr gilt es zu fühlen.

Der Wissenschaftler hingegen hat einen Vorsprung, wenn es um die Details geht. Er ist trainiert, die Einfachheit und Funktionalität von etwas auf einer tieferen Ebene zu verstehen. Dies führt zu neuen Fragen, führt zu Mysterien, die ihre eigene Schönheit besitzen. Es gibt vieles in der Welt, was wir kennen und was wir anfassen können – und eine Menge davon hat Tiefe.

Also, zwei Archetypen von Schönheit existieren. Zwei Arten von Schönheit, auf die wir zurückgreifen können – alles nur eine Frage, wie wir die Dinge betrachten.

Manche bevorzugen die erste und andere die zweite Variante. Man kann sich trainieren, beide Seiten der Medaille zu sehen. Die Muster, die wir in der Wirklichkeit sehen sind sowohl einfach, als auch komplex. Glücklicherweise können wir lernen, beide zu schätzen.

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