Resilienz oder Burnout
Unser Handeln und „Er-Leben“ wird von sehr unterschiedlichen Arten von bewussten, unbewussten und unwillkürlichen Repräsentationen begleitet: Letztere können wahrnehmbare Aspekte der aktuellen Situation, aber auch erlebte vergangene oder mögliche zukünftige Situationen beinhalten. Sie können das eigene körperliche oder psychische Befinden, aber auch ausgewählte Aspekte der Umwelt oder des Umfeldes thematisieren. Sie können handlungsförderlich sein, aber auch das Handeln behindern oder stören. Sie können eher passiv den Handlungsfluss begleitend kommentieren oder auch aktiv und direktiv in ihn eingreifen. Sie können unwillkürlich ins Bewusstsein treten, aber auch willkürlich herbeigeführt sein.
Schon aus diesen wenigen beispielhaften Gegenüberstellungen möglicher Bewusstseinsinhalte und -wirkungen wird deutlich, wie vielfältig ihre Erscheinungsform und ihr Wirkungsspektrum sind.
Die Komplexität des Themas erfordert eine Beschränkung auf einige Aspekte der Rolle von Bewusstheit und unbewussten Einflüssen bei der Zielausrichtung von Verhalten:
Welche Rolle spielt das Bewusstsein und das Unbewusste, wenn die Zielausrichtung zum „Problem“ wird, wenn die Zielfindung oder das Beibehalten eines Ziels auf Schwierigkeiten stößt, z. B. dann, wenn mehrere Ziele gleich attraktiv erscheinen oder dann, wenn das Beibehalten eines gewählten Ziels wegen des Vorhandenseins konkurrierender Ziele schwierig ist?
Alles was folgt, habe ich von meinem Mentor Gunther Schmidt gelernt und übernommen:
Burn-out-Syndrom
Burn-out wird definiert als Zustand ausgesprochener emotionaler Erschöpfung mit reduzierter Leistungsfähigkeit. Mehr und mehr zweifeln Betroffene am Sinn des Lebens oder sehen keinen (akzeptablen) Sinn mehr in ihrer Arbeit. Gegenüber Freunden, Familie, Kollegen, Kunden und Klienten etc. entwickeln sie oft eine innere Abneigung und/oder eine zynische Einstellung.
Burn-out entwickelt sich meist als Resultat eines langen Prozesses, der oft mit großem Engagement und Begeisterung startet und dann im Laufe der Zeit übergeht in ein Erleben von massiven subjektiven Frustrationen. Diese Enttäuschungen führen gerne zu oder können enden in Zynismus, Apathie, Dienst nach Vorschrift, Unlust, körperlichen Symptomen, psychosomatischen Erkrankungen, Depression und/oder Aggressivität und totaler Erschöpfung.
Mit anderen Worten, die angestrebten Ziele, oftmals in ihrer Vielfalt, sind Teile des Problems. Man will es allen recht machen und setzt sich und anderen keine gesunden Grenzen mehr.
1. Enthusiasmus
„Wer ausbrennt, muss einmal gebrannt haben.“ Entstanden vielleicht aus Mehrarbeit mit entsprechender Gratifikation. Oftmals gepaart mit dem Gefühl der Unentbehrlichkeit, welches zur Einschränkung von sozialen Kontakten führen kann. Bei den ersten Anzeichen von Müdigkeit und Erschöpfung wird häufig sogar noch mehr Priorität auf Arbeit gesetzt, gekoppelt mit zunehmendem Rückzug aus sozialen Beziehungen.
2. Sinnverlust
Schleichend verliert sich der Idealismus und reine Pflichterfüllung ist mehr im Vordergrund als intrinsische Motivation. Positive Gefühle gegenüber Kollegen, Kunden, Klienten usw. werden seltener und seltener empfunden. Häufiger wird die Arbeit an sich infrage gestellt und teilweise ist eine negative Lebens- und Geisteshaltung präsent. Zudem kommt meist unbewusst der innere Kritiker mit Selbstentwertung ins Spiel.
3. Emotionale, geistige und körperliche Symptombildung
Es tauchen depressive Verstimmungen auf und häufen sich. Man ist leicht gereizt und Schuld wird anderen zugewiesen „Was ist nur mit den anderen los?“ Eigene Schuldgefühle entstehen unbewusst: „Was ist nur mit mir los?“
Übliche mögliche Symptom sind Konzentrationsprobleme, Gedächtnisschwäche, Ängste, vegetative Symptomatik, Schlafstörungen, Immunschwäche, Muskelverspannungen und Rückenbeschwerden. Oft werden Süchte, Reizdrogen und/oder Alkohol als „Schlafmittel“ als Lösungsansätze gelebt.
4. Unausgeglichenheit: „Ich kann nicht mehr!“
Selbst die Hoffnung auf Besserung ist verschwunden. Das System will abschalten. Es entsteht Arbeitsunfähigkeit und die Krankschreibung wird notwendig.
Auslösende Faktoren für die Phase 3 und 4, der letzte Strohhalm, der den Rücken des Kamels bricht, sind z. B. zusätzliche Lebensereignisse wie Hausbau, Geburt von Kindern, Trennung, Kränkung, Unfall, Tod, verlorene Träume, Pandemien oder Kriege.
Burn-out als Kompetenz
Wie langjährige Leser wissen, gibt es aus hypnosystemischer Sicht (sowie die Ergebnisse moderner Hirnforschung beachtend) keine „negativen“ oder „positiven“ Emotionen und sonstige Erlebnisprozesse an sich, sondern nur Prozesse, die alle als wertvolle Kompetenzen für diverse Kontexte und Ziele im Laufe der Evolution entwickelt wurden und somit alle sehr nützlich sein können. Was es uns schwer macht, sind unsere „Beziehungen“ zu den Ereignissen oder Gedanken, die wir, ohne es immer zu wissen, immer autonom entscheiden könnten – aber „es“ geht halt manchmal nicht.
Wenn beim Autofahren der Sicherheitsgurt nicht angelegt ist und ein störendes akustisches Signal ertönt, würde man dies auch nicht als „negatives“ Zeichen und als Defizit ansehen, oder ihm vielleicht eine schwere Kindheit zuordnen, obwohl es stört. Es ist ein wertvoller Hinweis darauf, etwas zu ändern, dass „es“ wieder für den Betroffenen stimmt.
Genauso so würde man mit dem Warnlämpchen umgehen, das einen gefallenen Öldruck anzeigt.
Bei Anzeichen, also „Warnzeichen“ des eigenen Organismus aber wird dies oft als Zeichen von Defizit, Unfähigkeit und Schwäche interpretiert und entsprechend negiert.
Behandeln wir unser Automobil also achtsamer als unseren Organismus?
Hoffnung ist nicht die Überzeugung, dass etwas gut ausgeht,
sondern die Gewissheit, dass etwas Sinn hat, egal wie es ausgeht.
Vaclac Havel
Fokussierung von Aufmerksamkeit
Jedes menschliche Erleben kann beschrieben werden als Ergebnis und Ausdruck von neuro-physiologischen Netzwerken, die aktiviert werden und die unser Erleben steuern/ machen, wobei dieses so gemachte Erleben selbstrückbezüglich auf diese Netzwerke wirkt, oft stabilisierend bzw. sogar verstärkend.
Je nachdem, was durch unsere Fokussierung gerade am meisten in uns assoziiert wird, erleben wir uns (und andere und die Welt) entsprechend anders. Wir sind nicht schizophren, sondern multi-phren – wir sind also quasi „multiple Persönlichkeiten“.
Je nach Kontext und den damit verbundenen Werthaltungen und Zielvorstellungen „springen“ unterschiedliche „Teil-Persönlichkeiten“ oder „Ego-states“ (Teil-Ich-Prozesse) in den „Ich-Container“. Wir erleben dies als unser „Ich“ (und identifizieren uns damit, bis das nächste „Teil-Ich“ dies ablöst). Dies ist als wertvolles Potenzial zu verstehen.

Wenn wir „multiple Persönlichkeiten“ sind, begegnen wir auch anderen nicht immer mit dem gleichen „Ich“, sondern je nach Situation, nach Thema und Bedürfnissen mit unterschiedlichen „Ich´s“. Welche der vielen „Ich´s“ /welche „inneren Parlamente“ des einen Individuums interagieren gerade mit welchen „Ich´s“ /welchen „inneren Parlamenten“ des anderen Individuums in welchen Kontexten und in Bezug auf welche Themen?
Unter solch komplexen Bedingungen werden oft Muster reaktiviert, die gelernt wurden in früheren Zeiten, in denen man sich überfordert, ausgeliefert und gleichzeitig sehr abhängig von „Außen-Variablen“ erlebt hat.
Man „verwechselt“ sich quasi unbewusst mit demjenigen, der man mal war in Zeiten mit weniger Steuerungs- und Autonomie-Möglichkeiten. Und im nächsten Moment wertet man sich dafür ab.
Dann dominiert oft ein „ausgeliefertes Opfer-Ich“, welches aber in einem intensiven inneren Kampf mit den oft gnadenlosen „Antreiber-Ichs“ steht.
Erst diese inneren Kämpfe, bei denen das innere Wissen darüber, was stimmig und sinnvoll ist, übertönt wird, führen zur Erschöpfung.
Steuer-Position
Eine zentrale Aufgabe wird dadurch jeweils, eine optimal koordinierte Steuerungsfunktion in uns aufzubauen – zu aktivieren, welche die diversen „Teilpersönlichkeiten/Potenziale“ zu einer optimalen Synergie, sprich „Orchestrierung“ führt.
Ziel ist, eine wirksame Kooperation zwischen willentlichem „Ich“ und unwillkürlichen Prozessen (die autonom und immer schneller und stärker wirken als alles Willentliche) zu gestalten.
Sich auf eine Balance einzulassen, nämlich sich in Balance erleben – und sich auch aus der Balance geraden zu lassen.
Den eigenen und fremden Erwartungen gerecht zu werden – und ihnen dann auch mal wieder nicht gerecht zu werden. Zufrieden mit sich zu sein – nicht zufrieden zu sein usw. – immer ohne sich zu bewerten und zu verurteilen. Das Leben hat Höhen und Tiefen und ist voller „Multi-valenzen“ und Zwickmühlen.
Einladung
Wie man sich solch eine „Steuer-Positions-Haltung erschafft“, kannst du am Donnerstag, 12. Mai 2022 um 18.00 bis 19:30 Uhr in einem Zoom-Meeting erlernen. Hier geht es zur Anmeldung.
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