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Auf die Uhr gucken, das Handy checken oder den Blick in die Ferne schweifen lassen. Das sind kurze nonverbale Antworten, die uns ganz klar etwas mitteilen: Wir haben die falsche Frage gestellt oder direkt: Wir langweilen das Gegenüber.

Ein CEO erläuterte letzthin, wie häufig er dieses Verhalten bei seinen Mitarbeitern im Mitarbeitergespräch sieht: Geistesabwesend, unmotiviert und interesselos oder in Gedanken verloren. „Kein gutes Gefühl“, sagte er, insgeheim überzeugt, dass diese Meetings pure Zeitverschwendung seien. „Ich weiss nicht, was tun. Soll ich die Meetings abblasen?“

Meine Neugierde war geweckt. Ich fragte ihn, welche Fragen er stellt. Er teilte mir vier Fragen mit, bei mir klickte es und die heutige SMSS war geboren. Er hatte die falschen Fragen an seine Mitarbeiter gestellt; einfache und häufig verwendete Fragen, ohne Zweifel. Nichts gegen Allgemeinfragen ab und zu aber die gleiche Frage mehr oder weniger in jedem Mitarbeitergespräch zu stellen, reduziert die Effektivität der Frage. Das Gegenüber denkt „oh, nicht schon wieder“ oder nimmt den CEO, respektive seine Frage, nicht ernst. Dann wird auf die Uhr geschaut, das Mobiltelefon gecheckt, der Blick schweift ab in die Ferne oder es wird KK (Kopf-Kino) geguckt.

Um diese Verhalten zu vermeiden, gilt es die Allerweltfragen zu vermeiden. Die am meisten benutzten Fragen und meine Impulse für den CEO habe ich für Sie nachfolgend zusammengefasst. Vielleicht haben Sie die eine oder andere Frage auch schon benutzt?

#1: Wie geht’s?

Ah, die unsterbliche Gesprächseröffnung. Sie scheint eine solide Variante zu sein, um das Eis zu brechen. Kaum erhalten wir andere Antworten als „gut“, „soweit so gut“, „kann nicht klagen“ und viele andere nichtssagende Varianten dazu. Warum? Weil die Frage in unserer Gesellschaft schon zur Begrüssungsformel gehört wie auch „schön dich zu sehen“. Die Antwort darauf läuft automatisch ab, weil wir diese Frage in fast jeder Gesprächseröffnung hören. Da wird keine echte Information abgefragt und schon gar nicht im wöchentlichen Mitarbeitergespräch mit dem Boss.

⇒ Was könnte man anstatt fragen?

Nun, offene Fragen sind gut. Ungezwungen und offen könnte sein: „Was gibt es Neues im Leben?“ oder „Wie geht das Leben mit Dir um?“ oder „Wie ist dein Leben im Moment?“. Diese Fragen erlauben jemanden, persönlich über sein Leben zu reden – über das, was er am Wochenende erlebt oder gemacht hat, wie es der Familie geht, wie die Arbeit läuft oder welches Projekt gerade in der Mache ist. Diese offenen Fragen eröffnen den Weg für eine inhaltsvolle Antwort, da sie das Gegenüber zum Denken anregen. Warum probieren Sie es nicht einfach aus und beobachten die Reaktionen?

#2: Wo stehen wir mit X?

Kann schon eine grosse Versuchung darstellen, im Einzelgespräch mit dem Mitarbeiter herausfinden zu wollen, wie ein Projekt läuft. Aber halt, meiner Meinung nach hat ein Mitarbeitergespräch (MG) eine andere Zielsetzung. Ein MG ist keine Berichtserstattungssitzung oder ein Rechenschaftsmeeting. Ein MG ist wie ein Radarüberblick, ein Detektor für den CEO. Es ist eine der wenigen Gelegenheiten herauszufinden, was im Team abläuft und was der Mitarbeiter denkt und fühlt, was ihn im Moment beschäftigt. Da kriegt man Einsichten: Kundenprobleme, unvorhergesehene Widerstände, unerwünschte Entwicklungen im Teamgeist, unausgesprochene persönliche Frustrationen – all dies kann nur im MG geortet werden.

Nun, manche von Ihnen von Ihnen mögen sagen: „OK, Harry, aber diese Frage hat bei mir oft zu wesentlichen Einsichten geführt!“. Ja, ich bin bei Ihnen. Die Frage „Wo stehen wir mit X?“ kann sinnvoll sein, wenn es eine Einstiegsfrage ist, um tiefer in eine Materie einzusteigen. Zum Beispiel könnte folgen: „Was läuft bei X bisher nicht so gut?“ oder „Wo glaubst Du, brauchst Du mehr Unterstützung?“. Nur zu fragen, „Wo stehen wir mit X?“ führt in seiner Singularität nicht weit.

⇒ Was könnte man anstatt fragen?

Nach etwas Spezifischem innerhalb des Projekts, anstatt nur nach generellem Fortschritt zu fragen. Meine Lieblingsfrage is: „Kannst Du mir sagen, was die grösste Überraschung am Projekt X für Dich bisher war?“ Wenn ein Mitarbeiter etwas Aussergewöhnliches entdeckt hat, dann ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass es auch für den CEO aussergewöhnlich ist. Überraschende Einsichten unterstützen, um eventuelle (noch) versteckte Aspekte zu erfahren.

#3: Wie kann ich Dir helfen?

Die Intention der Frage ist fantastisch. Der CEO will helfen, das Ding vorwärts zu bringen, will herausfinden, was er beitragen kann. Und doch, die Frage ist nicht nur zu allgemein, sie beinhaltet auch die stillschweigende Annahme, dass der Mitarbeiter Hilfe braucht – und wer ist schon gerne auf Hilfe von anderen angewiesen? Beim Mitarbeiter taucht der Gedanke auf: „Er glaubt, ich brauche seine Hilfe!“ Nicht sehr motivierend, zumindest nicht in meiner Welt. Es ist eine Frage, die von Faulheit geprägt ist. Der Fragesteller übergibt die Gedankenarbeit dem Gegenüber, ohne sich selbst einzubringen. Die Arbeit, die Frage zu beantworten, liegt nur beim Angestellten. Der CEO fragt im Prinzip nach Kritik an ihm. Er hat offensichtlich keine Ahnung, wie er den Mitarbeiter unterstützen könnte. Meist, wenn die Frage so formuliert ist, gibt es vage Antworten wie: „Nichts, was mir im Moment einfällt.“ oder es werden Dinge benannt, die der CEO bereits tut, um ihm ein gutes Gefühl zu geben. Selten wird es eine Antwort geben, mit der der CEO etwas „Aktives“ erhält, was er umsetzen könnte.

⇒ Was könnte man anstatt fragen?

Der CEO könnte sich etwas überlegen, von dem er glaubt, dass es dem Projektleiter hilft – und dann nachfassen mit „was meinst Du?“. Ein Beispiel: „Ich denke, ich bin in diesem Projekt zu sehr in der Detailarbeit involviert. Soll ich mich mehr zurückziehen und wir besprechen den Fortschritt lieber 14tägig? – Was meinst Du?“. Mit einer konkreten Anfrage, die Aktivität des Fragestellers ins Spiel gebracht, erleichtert es dem Mitarbeiter, mit dem CEO zu teilen, was und wie er die Situation sieht – und kann leichter Vorschläge einbringen. Der CEO unterbreitet ein Angebot und unterstützt den Mitarbeiter, seine eigenen Gedanken preis zu geben.

#4: Was können wir verbessern?

Die unbestimmteste Frage der vier. Vage Fragen führen zu vagen Antworten. Das Gegenüber wird verleitet, Vermutungen oder reflexartige Antworten zu generieren, anstatt genaue Beispiele und Details von sich zu geben. Eine typische Antwort auf diese Frage lautet etwa so: „Hmh, in der betriebswirtschaftlichen Entwicklung? Aus der Marketing-Perspektive? Im Hinblick auf Mitarbeiterführung? Manche Mitarbeiter mögen die Frage mit qualitativen Aussagen beantworten, weil sie sich schon vorher mit der Frage auseinandergesetzt haben, aber dies ist eher selten der Fall. Die meisten, die unverhofft mit der Frage konfrontiert werden, geben Varianten von „Ich denke, alles ist eigentlich ziemlich in Butter und OK“, in wahrscheinlich 90% der Fälle als Antwort.

⇒ Was könnte man anstatt fragen?

Wie bereits erwähnt, die besseren Fragen sind jene, die spezifische Antworten erfordern, anstatt allgemein nominalisierte Fragen zu stellen. Zum Beispiel: „Was glaubst du, welchen Geschäftsbereich vernachlässigen wir am meisten?“ oder „Wo sind wir im Vergleich zur Konkurrenz hinten dran?“. Je spezifischer die Frage umso effizienter.

Fazit:

Haben Sie sich ertappt? Ich jedenfalls habe jede dieser Fragen schon benutzt. Kein Grund zur Panik. Diese Sünden werden leicht vergeben und haben auch keinen irreversiblen Schaden angerichtet. Wenn die Beispiele Sie anregen, über Ihre Art der Fragestellung nachzudenken, dann haben diese Zeilen ihren Zweck erfüllt.

Die Fantasie liegt in den Fragen. Richtig gewählt, werden sie zu Stützpfeilern einer guten Kommunikation, was immer man darunter versteht. Die Führungskraft wird auch unter dem Aspekt der Kommunikationsfähigkeit von den Mitarbeitenden beurteilt. Eine gute Führungskraft beherrscht die Kunst der Fragestellung. Für das normale Leben gilt das Gleiche!

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