Es ist mir eine Ehre, heute über meine persönliche Erfahrung mit Joachim Bauer zu schreiben. In einem Workshop hatte ich das Vergnügen, den renommierten Arzt, Neurowissenschaftler, Psychiater, Psychotherapeuten und Bestsellerautor hautnah zu erleben.

Bauer nutzt seine Forschungsergebnisse, um praktische Lösungen für ein gesundes Leben zu bieten. Seine Ansichten werden oft in der Presse zitiert und diskutiert, und er tritt regelmäßig in Radio- und Fernsehsendungen auf. Mit seiner Vision, dass ein gesunder Geist und Körper entscheidend für ein erfülltes Leben sind, hat Bauer viele Menschen inspiriert und motiviert.

Während der zweitägigen gemeinsamen Zeit konnte ich von seiner Energie und Inspiration profitieren und tiefe Erkenntnisse in Bezug auf psychisches Wohlbefinden gewinnen. Ich möchte all jene Menschen ansprechen, die sich für Psychologie interessieren oder einfach mehr über das wissenschaftlich fundierte System von Joachim Bauer erfahren möchten – einige seiner Gedanken möchte ich heute mit dir teilen. Sei neugierig!

Darwin und Dawkins

Viele glauben noch immer an die Lehre von Charles Darwin von 1871, die besagt, dass der Mensch sich in einem ständigen Kampf ums Überleben und Verdrängen befindet, bei dem nur die Stärksten überleben (tatsächlich meinte Darwin, jene überleben, die am anpassungsfähigsten sind). Mitgefühl, Zusammenarbeit und Aufopferungsbereitschaft stehen diesem Konzept untergeordnet und nebensächlich gegenüber.

In den 1970er Jahren ging die Soziobiologie (Richard Dawkins, „Das egoistische Gen“) sogar noch einen Schritt weiter und behauptete, dass Gene die treibende Kraft hinter der biologischen und zivilisatorischen Entwicklung seien, deren Ziel es sei, sich zu vermehren und sich gegen konkurrierende Gene zu behaupten.

Moderne Forschungen in der Neurobiologie beweisen jedoch, dass wir von Natur aus viel menschlicher sind, als uns das jahrelang vorgegaukelt wurde.

Da gefällt mir Bauers Variante schon sehr gut:

Tatsächlich ähneln Gene eher einem Konzertflügel: Um Musik zu machen, benötigt dieser einen Pianisten und besser noch ein ganzes Orchester. Wie der Dirigent die Mitglieder des Orchesters, so stimmt der Organismus das Wirken der Gene aufeinander ab.

Joachim Bauer, Prinzip Menschlichkeit

Die Sehnsucht nach Beziehungen zu anderen Menschen oder Lebewesen wird durch unsere Motivationssysteme, auch als „Antriebsaggregate“ des Lebens bezeichnet, gesteuert. Diese Systeme produzieren Hormone und Botenstoffe, die Gefühle von Wohlbehagen, Schmerzlinderung und Bindung fördern. Insbesondere das Hormon Oxytozin spielt eine wichtige Rolle bei der Entstehung von Bindungen mit anderen Menschen und sonstigen Lebewesen.

Es gilt jedoch zu beachten, dass gesunde soziale Verhaltensweisen nicht angeboren sind. Vielmehr wollen die Rezeptoren dieser Motivationssysteme im Kindesalter aktiviert und durch erfolgreiche soziale Kontakte ständig gepflegt werden, um zu funktionieren.

Laut Joachim Bauer stehen wir vor der Chance, uns aus dem Alptraum des Darwinismus und der Soziobiologie zu befreien und uns stattdessen für Kooperation und Menschlichkeit zu entscheiden. Anerkennung und die Fähigkeit, Anerkennung zu geben, sind das Ziel dieser Motivationssysteme.

Aggression wird erlernt

Das moderne Menschenbild zeigt, dass Aggression eine Verteidigung von Beziehungen ist. Aggression entsteht, wenn eine Person das Gefühl hat, nicht verstanden zu und/oder von der Gesellschaft abgelehnt zu werden.

Dies kann zu sozialem Schmerz führen, der ähnliche neurobiologische Reaktionen auslöst wie körperlicher Schmerz. Die Ausschüttung von Stresshormonen kann zu Angriffsverhalten führen. Gewaltbereitschaft oder ein ausgeglichenes Sozialverhalten werden jedoch nicht genetisch vererbt, sondern hängen von den frühen Erfahrungen ab, die eine Person in ihrer Kindheit gemacht hat. Straffällige Jugendliche, bei denen oft Gewalt in der Kindheit vorliegt, zeigen diese Verbindung zwischen erlebter und gelebter Gewalt deutlich auf.

Zusammenarbeit

Die Menschheit ist von ihren Genen bis zu ihrem Verhalten als ein kooperatives Wesen konstruiert. Diese These wird durch Spieltheorie-Experimente bestätigt, von denen das bekannteste das sogenannte „Gefangenendilemma“ ist.

In diesem Experiment werden Spieler immer wieder in eine fiktive Situation einer drohenden Gefängnisstrafe gestellt und sie entscheiden, ob sie mit ihrem Spielpartner kooperieren oder ihn betrügen. Jene Spieler, die zunächst bereit waren zu kooperieren, aber einen Betrug mit gleicher Intensität vergalten, und es beim nächsten Spielpartner wieder mit Kooperation versuchten, waren am erfolgreichsten.

Unser Motivationssystem

Um Beziehungen und Menschlichkeit zu fördern, braucht es keine Raketenwissenschaft. Das Gelingen hängt von folgenden, einfachen Verhalten ab:

Sehen und Gesehenwerden: Den anderen als wertvolle Person wahrnehmen und selbst als solche wahrgenommen werden.

Gemeinsame Aufmerksamkeit: Anteil nehmen an dem, was dem anderen wichtig ist.

Emotionale Resonanz: Die Stimmungen des anderen erkennen, sich auf sie einschwingen oder ihn mit der eigenen Laune anstecken.

Gemeinsames Handeln: Zusammen etwas unternehmen und ein Ziel erreichen.

Verstehen von Motiven und Absichten: Sich frei von Vorurteilen ernsthaft mit dem Wesen des anderen beschäftigen.

Wichtig ist, dass Beziehungen gegenseitig sind, d.h., dass es ein Austausch von Geben und Nehmen ist. Es ist nicht dienlich, die eigenen Bedürfnisse oder die Bedürfnisse anderer zu ignorieren. Obwohl wir als soziale Wesen geboren wurden, wollen wir immer wieder an unseren Fähigkeiten arbeiten, um erfolgreich Beziehungen aufzubauen.

Kooperative Gesellschaft

Derzeit herrscht eine Mode für Gesellschaftsmodelle, die auf Wettbewerb und Selektion basieren. Die als Neoliberalismus bezeichnete Wirtschaftsordnung bevorzugt Menschen mit privilegiertem Hintergrund und belohnt skrupelloses und egoistisches Verhalten, was zur Zerstörung natürlicher menschlicher und wirtschaftlicher Ressourcen führt.

Stattdessen sollte eine auf Kooperation basierende Gesellschaft die Freiheit des Individuums schützen, Kreativität fördern, in Bildung investieren und die Schwachen unterstützen. Das Prinzip der Kooperation sollte in allen gesellschaftlichen Bereichen präsent sein:

Wirtschaft: Um langfristig Erfolg zu haben, wollen Unternehmen ihre Mitarbeiter durch Sinn stiftende Tätigkeiten unterstützen und damit intrinsische Motivation fördern.

Bildung: Gelingende Beziehungen zwischen Lehrern und Schülern in überschaubaren Klassen sind die Grundvoraussetzung dafür, dass Lehren und Lernen erfolgreich umgesetzt werden.

Erziehung: Nur eine intensive, persönliche Bindung der Kinder zu den Eltern führt zu einem gesunden Sozialverhalten. Erziehung erstellt eine Art „soziale Bedienungsanleitung“ der Motivationssysteme, lehrt Rücksichtnahme und Toleranz und Respekt.

Medizin: Jüngste Erkenntnisse der Neurobiologie haben erwiesen, dass Signale aus dem Gehirn Schmerzen verursachen oder heilen können. Die Psychosomatik sollte also gestärkt und nicht, wie es derzeit geschieht, zunehmend vernachlässigt werden.

Fazit

Wir sind von Natur aus Wesen, die Menschlichkeit, Empathie und das Miteinander suchen und leben möchten. Joachim Bauer zeigt dies sehr schön und klar in seinem Buch „Das empathische Gen“ auf.

Bauer spricht auch von dem „Empathie-Anspruch der Natur“, ohne die Wertschätzung und Kooperation nicht möglich wäre. Seine Theorie basiert zu einem großen Teil auf seinen Beobachtungen mit der Resonanz zwischen den Menschen – das heißt wie wir aufeinander eingehen und re-agieren. Resonanz entsteht immer, aber läuft oft unbewusst und/oder/auch unwillkürlich ab.

Lass uns Mensch sein und uns auf Zuneigung und Liebe einstellen …