Bild: Anders Indset (links) letzte Woche Dienstag in Zürich

Was haben sommerliche Wespenplage im Erdbeermüsli, Willy Brand, Jimi Hendrix, Reinigungsmittel zur Bekämpfung von Covid-19 zu injizieren, Hanna Ahrendt und Louis Vuitton gemeinsam?

Neben vielen anderen Hinweisen und vielen Denkanstößen haben sie ihren Platz gefunden in Anders Indsets neuem Buch „Das infizierte Denken: Warum wir uns von alten Selbstverständlichkeiten verabschieden müssen

Anders Indset habe ich schon häufiger als Quelle und Inspiration für den einen oder anderen Artikel genutzt. Ganz einfach deshalb, weil ich ihn sehr schätze und er Mensch ist. Heute ein paar ausgewählte Passagen aus seinem neuesten Buch:

Wäre »sommerliche Wespenplage im Erdbeermüsli« dabei gewesen, wäre sogar ich vielleicht hellhörig geworden. Der Erfolg Trumps zeichnete sich durch ein einfaches Prinzip aus: Die anderen sind schuld. Klingt verlockend, ist aber weder klar noch wahr, noch bietet es eine Alternative. »Hol dir dein Land zurück«, aber was heißt hier »dein Land« und was bedeutet »zurück«? Viele Fragen, wenige Antworten liefern Trumps Befürworter und mögliche »Alternativen«. Gemeinsamer Nenner ist: Über Ökologie wird nicht gerne geredet, und wenn es um Technologie geht – na ja, dann wird es interessant. [ … ]

Glück ist das, wie es scheint, wonach wir streben. Das »Spiel« befindet sich jedoch immer in dem Moment, der bereits geschehen ist und folglich zur Vergangenheit gehört, wenn wir ihn wahrnehmen. Wir können also höchstens vom Glück getroffen werden. In einer Welt, in der alles zu haben ist, kommt jedoch keine Erwartungshaltung auf, auch nicht nach Glückseligkeit. Alles wird gefällig und zeitlos. Wir erreichen eine Zukunftslosigkeit. Wenn wir in eine Zukunftslosigkeit wie diese geraten, die befreit ist von Erwartungen, dann sind wir in unserer Freiheit gefangen und leben in einem Zustand des wunschlos Unglücklichseins. Das wahre Glück, so könnte man meinen, ist es darum, eine niedrige oder keine Erwartungshaltung und eine stärkere Wahrnehmung der Normalität im Leben zu haben. Glückseligkeit kann nicht erzwungen werden, wir können uns höchstens weniger unglücklich machen. Sie muss zugelassen werden, sie muss geschehen. Wertschätzend, aber nicht wertsuchend. [ … ]

Die Tatsache, dass das Wort »Revolution« ursprünglich Restauration bedeutete, ist mehr als nur eine semantische Kuriosität. Selbst die Revolutionen des 18. Jahrhunderts lassen sich nicht begreifen ohne die Erkenntnis, dass Revolutionen erstmals ausbrachen, als Restauration ihr Ziel war, und dass der Inhalt dieser Restauration die Freiheit war.

Hanna Arendt

Die »Macht« und Kraft der Technologie, so könnte man meinen, würde einen revolutionären Widerstand vereinfachen. 2021 – jeder junge Mensch hat mehr Macht in der Hosentasche (wir sprechen hier vom Smartphone) als viele Präsidenten, um eine Bewegung zu initiieren. Zum Revolutionieren ist jedoch keiner imstande, lautet die traurige Erkenntnis. [ … ]

Die Welt muss anders werden – darüber sind sich inzwischen viele Menschen einig. Sie muss besser werden. Dazu zwingt uns spätestens die Digitalisierung: eine über uns rollende Schockwelle technologischer Umwälzungen. Aber was meinen wir mit »besser«? Die Digitalisierung ist Lösung und Herausforderung zugleich. Technologie kann – und wird – die Menschheit retten. [ … ]

Es darf heute nicht mehr ausschließlich um Macht um der Macht willen gehen, ein Weg der Gestaltung muss gefunden werden. Früher bedeutete Macht, Zugang zu Information/Daten zu haben, ein Wissensvorsprung. Heute bedeutet Macht, zu wissen, was man ignorieren kann. Die Politik muss zukünften. Da die Politik aber diese Rolle nicht wahrnimmt, wird diese ausschließlich von einem anderen System ausgeübt: der Wirtschaft. Aus systemtheoretischer Sicht kann ein System dem anderen System nicht helfen. Die Politik öffnet gegenwärtig also nur die Geldhähne und kann hoffen, dass ihr Plan funktioniert. [ … ]

Wir sind Menschen, so haben wir das kategorisiert, also halten wir daran fest. Ich finde das Wort wunderschön und sehr passend – Mensch. Wenn es uns wichtig ist, dann sollten wir uns festklammern an dem, was wir sind, ob Wirklichkeit oder Illusion. Ich glaube, die meisten Menschen sind im Grundsatz gut (abgesehen von psychischen Dysfunktionalitäten). Im »echten Leben« finde ich die gehässige Online- und Kommunikationswelt nicht wieder. Der Mensch ist gut und möchte besser werden. Menschen haben einen Bezug zu ihren Verpflichtungen und besitzen das innere Feuer, besser zu werden. Das ist das, was ich am Menschen liebe – nicht, dass wir mit all dem, was besser sein kann, unzufrieden sind, sowie dass wir mit uns selbst nicht zufrieden sind und wir eine bessere Version von uns selbst sein wollen. Für uns selbst und in Relation zu anderen Menschen. Das ist unser (unerschöpftes) Potenzial. [ … ]

Indset, Anders. Das infizierte Denken: Warum wir uns von alten Selbstverständlichkeiten verabschieden müssen (German Edition)

ANDERS INDSET, gebürtiger Norweger, ist Philosoph, Publizist und erfolgreicher Unternehmer. Er ist Gastdozent an internationalen Universitäten und bringt die Philosophie der Vergangenheit mit der Technologie und Wissenschaft von morgen zusammen. Indset zeigt den Führenden aus Wirtschaft, Politik und Gesellschaft, wie sie das 21. Jahrhundert erfolgreich gestalten können. Thinkers50 hat ihn in die Top 30 der in Zukunft wichtigsten Managementvordenker aufgenommen. Seine Bücher wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt. Er ist Autor der SPIEGEL-Bestseller „Wildes Wissen“ und „Quantenwirtschaft“.

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