Stell dir vor, es gäbe einen Weg, innerhalb von einer oder zwei Minuten den Stress besser im Griff zu haben.

Bevor ich die Technik erkläre, möchte ich zunächst erläutern, wie und warum sie funktioniert: Unser visuelles System ist neben dem Körper der stärkste Hebel, mit dem wir unseren Geisteszustand verändern.

Es wird dich nicht überraschen, dass unser Gemütszustand einen Einfluss auf unsere Atmung hat. Wenn wir uns gestresst oder entspannt fühlen, beschleunigt oder verlangsamt sich entsprechend auch unsere Atmung.

Und auch das Gegenteil ist der Fall: Wenn du dich darauf konzentrierst, dein Atemmuster zu ändern, kannst du deinen Geisteszustand ändern. Das ist der Grund, warum Atemarbeit und Meditation so effektiv sind.

Genauso verhält es sich mit unserem visuellen System.

Unsere Augen sind Teil des zentralen Nervensystems. Sie sind die einzigen beiden Teile des Gehirns, die sich außerhalb des Schädelgewölbes befinden, und sie haben einen enormen Einfluss auf den Zustand des restlichen Gehirns.

Neben der Wahrnehmung von Personen, Gegenständen, Farben, Bewegungen und Formen besteht eine wesentliche Funktion der Augen darin, dem Rest des Gehirns mitzuteilen, ob es wacher oder entspannter sein soll. Dies geschieht, ohne dass du es merkst, ist also ein unbewusster und unwillkürlicher Prozess.

Wenn wir entspannt sind, verändern sich unsere Pupillen so, dass wir ein erweitertes Sehvermögen haben. Wir sehen die gesamte Umgebung, in der wir uns befinden – eine Art Panoramablick. Jäger nennen es den Jägerblick.

Wenn wir dagegen gestresst oder aufgeregt sind, verändert sich die Form unserer Linse. Die Öffnung unserer gesamten visuellen Erfahrung schrumpft, und wir erhalten eine so genannte Strohhalm-Sicht auf die Welt. Diese scharfen, fokussierten Augen spiegeln hohe Konzentration und Wachsamkeit wider.

Wie bei der Atmung gilt auch hier: du kannst deine Augen nutzen, um deinen Geisteszustand zu verändern.

Denke daran, wie du dich fühlst, wenn du auf einen schönen See blickst. Es ist sehr entspannend, weil du dich ganz natürlich auf den Panoramablick einlässt. Du konzentrierst dich nicht nur auf einen Punkt am Horizont – du nimmst so viel von der Aussicht auf, wie du kannst.

Vergleiche das mit einem Blick auf dein Handy oder deinen Computer: Du zoomst auf ein bestimmtes Objekt, und dein gesamtes Gesichtsfeld schrumpft. Das führt zu erhöhter Wachsamkeit, was in einer positiven Situation (z. B. bei einem interessanten Gespräch) produktiv ist, in einer stressigen Situation (z. B. bei einer wichtigen Präsentation) jedoch eher negativ.

Die meiste Zeit unseres Tages verbringen wir im Tunnelblick und wechseln nur selten in den Panoramablick.

Indem du bewusst in deinen Panoramablick wechselst, aktivierst du dein automatisches Nervensystem. Dort gibt es einen Teil im Nervus Vagus, dem autonomen Nervensystem, der für Entspannung und Ruhe zuständig ist.

Einfach formuliert: Du sendest deinem Gehirn die Botschaft, dass du in Sicherheit bist und dass es in deiner unmittelbaren Umgebung keine Bedrohungen gibt (nicht, dass es jemals welche gegeben hätte, aber unsere primitiven Gehirnteile haben sich noch nicht vollständig an unseren modernen Lebensstil angepasst).

Wie kannst du in den Panoramablick wechseln?

Die meisten von uns haben nicht jederzeit Zugang zu offenen, weiten Ausblicken. Glücklicherweise ist es einfach, in den Panoramablick zu wechseln.

Es ist sogar noch subtiler als eine Atemtechnik – niemand wird es bemerken, egal ob du in einer Besprechung bist, eine Präsentation hältst oder auf der belebten Straße entlang spazierst.

So funktioniert es:

Halte die Augen offen und schaue direkt vor dich. Halte deine Augen und deinen Kopf relativ ruhig. Erweitere dein Blickfeld und mach deine Augen weich.

Konzentriere dich darauf, so viel wie möglich von deiner Umgebung wahrzunehmen – links, rechts, oben und unten – bis zu dem Punkt, an dem du dich (beinahe) selbst in dieser Umgebung siehst.

Halte den Kopf still und konzentriere dich auf das, was sich in deinem peripheren Blickfeld befindet.

Du kannst deine Aufmerksamkeit sogar noch weiter ausdehnen, bis hin zu den Dingen um dich herum und hinter dir.

Achte auf dich selbst, fast so, als würdest du dich selbst beobachten, wie du auf deinem Stuhl sitzt oder auf der Straße gehst. Achte darauf, wie sich das anfühlt.

Wenn du in diesem Zustand verharrst, wirst du bemerken, dass sich deine Atmung verlangsamt und vertieft, und dass sich die Muskeln in deinem Gesicht und deinem Körper sich zu entspannen beginnen.

Halte diesen Zustand so lange, wie du dich darin wohl fühlst.

Es könnte sein, dass es sich die ersten paar Male seltsam anfühlen, vor allem das Gefühl, sich selbst zu sehen.

Mir ging es am Anfang auch so. Ich habe mich mehr darauf konzentriert, darüber nachzudenken, wie seltsam es ist, „sich selbst zu sehen“, als wirklich zu versuchen, meinen peripheren Blick einzunehmen. Aber als ich dies ablegte und es geschehen ließ, bemerkte ich schnell die beruhigende Wirkung, die es auf mich hatte.

Taucht Stress oder ein unangenehmer Gedanke auf, dann setze ich den Panoramablick ein und erkenne, was ich peripher alles sehen kann. In Sekunden bin ich wieder bei mir und meiner Gelassenheit.

Es spielt keine Rolle, ob du meditierst oder nicht – zu lernen, in den Panoramablick zu wechseln und diesen Zustand über ein paar Sekunden beizubehalten, ist ein mentaler Trick, von dem jeder profitieren kann.

Probiere es aus!

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