Manchmal braucht es ein Geschenk. Bei Hochzeiten recht einfach: Da klickt man im Internet auf der Hochzeits-Homepage-Wunschliste oder holt sich im Netz die Inspiration – zum Beispiel den vergoldeten Sparschäler für die Neuvermählten. Bei Geburtstagen werden die Geschenke nach Alter ausgewählt. Immer wieder gefragt sind die Edel-Fresskörbe für die älteren Semester, mit Popcorn, weisser Trüffel und Akazien Honig im Rattan Korb. Bei Einladungen macht man mit einer Flasche Wein, die ihren Preis haben muss, nichts falsch. Selbstgemachtes hat auch seinen Wert. Und zu Weihnachten? Keine Panik, es sind heute noch 121 Tage bis Heilig Abend!

Vieles kann man neben der Polenta con Tartufo verschenken… Und was kann man täglich verschenken?

Ungeteilte Aufmerksamkeit ist ein Geschenk, das man selten erhält. Frag dich selbst: Wann hat dir jemand ohne Unterbrechung oder Abschweifung wirklich zugehört? Ohne Belehrung oder ohne von sich und seinen eigenen Erlebnissen zu berichten?

In vielen Gesprächen werden monologische Aussagen wechselseitig aneinander gereiht und es findet kein Dialog statt. Das kannst du in jeder Talkshow gut beobachten und hier hat sich Loriot (2 Minuten) damit auseinandergesetzt.

Die meisten Menschen schätzen es, wenn du ihnen zuhörst. Partner, Eltern, Kinder, Kunden, Mitarbeiter, Kollegen, Vorgesetzte und im Prinzip alle Menschen. Was nimmst du beim Zuhören mit? Du lernst die andere Person besser kennen, verstehst sie besser und vielleicht beginnst du, die andere Person „wertzuschätzen“.

Zuhören ist gefährlich, wenn du nichts dazu lernen willst.

Wenn Menschen reden, höre ich Ihnen zu. Da habe ich viel gelernt.
Die meisten Menschen hören niemals zu.

Ernest Hemingway

Während manche Menschen gut zuhören können, scheint es anderen extrem schwer zu fallen. Meistens, weil sie beim Zuhören nicht voll konzentriert bei der Sache sind oder es bestehen Ablenkungen, die keinen Fokus auf das Gesagte zulassen. Die üblichen Barrieren – es gibt bei weitem mehr – sind:

zuzuhören ohne Augenkontakt*;

nicht auf die eigene Körpersprache beim Zuhören zu achten;

externe Ablenkungen nicht zu minimieren;

den anderen zu unterbrechen, während er/sie spricht;

Multitasking – nebenbei noch etwas anderes zu erledigen;

kein Feedback zu geben oder Fragen nicht zu beantworten, wenn gefragt;

nicht auf die unausgesprochenen, subtilen Dinge beim Gegenüber zu achten, die Teil der Körpersprache sind.

vorzugeben, dass man interessiert sei, während man tatsächlich andere Gedanken im Kopf hat.

(* Es gibt Kulturen in denen der direkte Augenkontakt als unhöflich gilt, dort gelten andere Regeln. Mit Augenkontakt ist auch nicht Anstarren gemeint.)

Niedrige Konzentration kann mancherlei Ursache haben, psychologische oder physische, visuelle oder lärmbedingte Ablenkungen, körperliches Unbehagen, zu geringe Lautstärke, fehlendes Interesse am Thema, Stress oder persönliche Abneigung.

In Gedanken bereits weiterzudenken, angebotene Teilinformation mit der eigenen Erfahrung zu kombinieren, bevor die vollständige Information gehört wurde, lässt bestimmte Aspekte übersehen und führt zu vorzeitigen Be- und Verurteilungen.

Confirmation bias (Bestätigungsfehler) ist die Tendenz, nur jene Information aus der Konversation zu verarbeiten, welche die eigenen vorherrschenden Glaubens- und Wertvorstellungen bestätigen.

Es gibt noch andere Hindernisse, die gutes Zuhören erschweren. Zuhören wird beeinflusst von deinen persönlichen Neigungen und Vorurteilen, durch Sprachunterschiede oder wenn man eine kurze Aufmerksamkeitsspanne hat, also gestresst oder müde ist.

Selbst, wenn man das Gegenüber ausreden lässt, Augenkontakt beibehält, voll bei der Sache ist, am Thema interessiert ist, gibt es Situationen, wo man nur noch darauf wartet, dass der andere endlich seinen Satz beendet. Man hat was wirklich Wichtiges beizutragen. Da sagt man es dann, es sprudelt heraus, der Gesprächsinhalt ändert sich und man kann endlich aus der eigenen Erfahrung berichten. Manchmal bereut man auch, was man so direkt und plötzlich (unüberlegt?) von sich gegeben hat – die PR Abteilung des Hirns hat die Kontrolle übernommen – und diese PR Abteilung braucht dringend eine Ausbildung im Zuhören.

Gutes Zuhören ist keine Pflicht im Sinne von „das hat man zu tun“, sondern es ist eine Option. Option bedeutet, man hat die Wahl und wenn man die Wahl hat, dann bedeutet das, man hat mehr persönliche Freiheit – und gutes Zuhören ist lernbar, erhöht die eigene und die Lebensqualität des Gegenübers – es braucht lediglich Praxis und Achtsamkeit im Dialog.

Drei grundlegende Zuhör-Modelle

Du kannst dich in jedem der drei Modelle wiederfinden, abhängig davon, wem du zuhörst, vom Gesprächsinhalt und auch abhängig von deiner Stimmungslage und derjenigen des Gegenübers.

Das konkurrenz-, wettbewerbsfähige Zuhören:

Das findet statt, wenn der Hörer seine Meinung, Erfahrung und seine Sicht der Dinge unbedingt rüber bringen will, anstatt zuzuhören. Da sitzen wir und warten nur darauf, dass wir zu Wort kommen mit unseren Gedanken oder um das Gegenüber auf einen Fehler hinzuweisen. Während wir anscheinend zuhören, überlegen wir uns, was wir am besten antworten, um zu zeigen, was wir alles wissen; wir formulieren unsere Ideen und warten darauf, dass der andere eine Pause macht oder gar schlimmer, unterbrechen ihn und posaunen unsere Idee oder Meinung hinaus. Hier ändert sich häufig das Thema, man kommt von den Spaghetti Vongole auf die Schönheit von Florenz und die langen Warteschlangen vor den Uffizien.

Der Nachteil ist, dass wir in der Tat versagen, aufzunehmen, was der andere wirklich meint, warum er das Gesagte für wichtig erachtet. Unsere Aufmerksamkeit liegt bei uns, wir sind nicht offen für Neues und für die Meinung des Gegenübers – und dies ist eine klassische Zuhör-Barriere.

Passives, aufmerksames Zuhören

Hier ist man wirklich und echt interessiert, was der andere zu sagen hat. Man gibt zwar durch Gestik, Augenkontakt zu verstehen, dass man aufmerksam zuhört, beteiligt sich jedoch nicht durch Fragen, Reflexionen oder Feedback am Gespräch. Wir verstehen, was der Sender versucht mitzuteilen. Wir mögen mit ihm übereinstimmen oder auch nicht, aber wir sind nicht involviert, im Sinne von reflektieren und um das Thema weiterzuentwickeln.

Aktives, reflektierendes Zuhören

Wir hören aktiv zu, verstehen, was der andere meint. Wir hören aufmerksam zu, was er/sie zu sagen hat, bevor wir beitragen. Dies tun wir, indem wir mit unseren Worten die vorgegebenen Informationen verarbeiten, diese hinterfragen und/oder Schlüsse daraus ziehen. Damit zeigen wir dem Sender, dass wir an dem Gesagten interessiert sind, ihn verstehen und im Dialog involviert sind.

Wo wollen wir hin?

Ideal ist das aktive, reflektierende Zuhören. Mit etwas Training wird diese Art des Zuhörens der Standard Modus. Wir merken es, wenn uns jemand derart zuhört. Wenn wir über diesen Zuhörer mit anderen sprechen, sagen wir häufig „mit X kann man sich wirklich gut unterhalten“, weil wir uns verstanden fühlen.

Beim Antworten, Reflektieren und Hinterfragen auf das Gehörte, willst du paraphrasieren und normalerweise nicht wortwörtlich wiederholen. Normalerweise deshalb, weil es auch die Magie des wortwörtlichen Wiederholens gibt.

Wenn du etwas antworten willst, dir aber nicht sicher bist, was genau zu sagen, dann kannst du zum Beispiel zusammenfassen, was du gehört hast oder über die Gedanken und Glaubenssätze, die zum Thema gehören und/oder über die Erwartungen des Sprechers reflektieren.

In Situationen, in denen du dich unsicher fühlst oder nicht genau verstanden hast, was gemeint war, lass‘ dies den Sprecher wissen. Damit blamiert man sich nicht, ganz im Gegenteil, es zeigt, dass du wirklich interessiert bist und vermeidet Missverständnisse. Gerade bei Gefühlen bietet es sich an, eventuell um ein Beispiel zu fragen oder höflich um Klarstellung zu bitten. „Sorry, ich verstehe nicht genau, was Du meinst“, hat in meiner Welt noch niemanden einen Zacken aus der Krone gebrochen.

Feedback (Rückmeldungen)

Aktives, reflektierendes Zuhören beinhaltet auf jeden Fall, Feedback zu geben. Nicht das konstruktive oder kritische Feedback, mit dem wir gerne zur Seite stehen und das nur wenige Empfänger wirklich wollen. Es ist gutes Zuhören, dem Sprecher Feedback (Rückmeldungen) zu geben. Es zeigt erneut, dass man interessiert ist und bei der Sache ist. Wir geben allgemein zu wenig positives Feedback. Ein kurzer Dialog um aktives Zuhören und Feedback zu beschreiben:

Maria: Ich brauche einen neuen Job; der jetzige bringt es einfach nicht.

Rolf: Dein Job gefällt dir nicht mehr?

Maria: Nein, da haben sich so viele Dinge verändert.

Rolf: Also, die Veränderungen geben dir ein schlechtes Gefühl?

Rolf gibt Feedback und damit erkennt Maria, dass er aktiv zuhört. Feedback geben bedeutet nicht Ratschlag zu geben oder Fakten zu präsentieren, das wäre Mentoring. Rolf hört aktiv zu und Maria reflektiert über ihre Aussage.

Rolf mit Konkurrenz-Zuhören:

Maria: Ich brauche einen neuen Job; der jetzige bringt es einfach nicht.

Rolf: Sag mir nichts. Meiner ist auch nicht mehr das, was er früher war. Mein Chef hat nicht mehr alle Tassen im Schrank…

Rolf mit passiv-aufmerksamem Zuhören:

Maria: Ich brauche einen neuen Job; der jetzige bringst einfach nicht.

Rolf: Hmh…

Gutes Zuhören bedingt, sich mit dem Gegenüber auseinanderzusetzen. Konkurrenz-Zuhören bringt uns nicht weiter und befriedigt nur unser PR-Ego. Beim aktiven, reflektierenden Zuhören erweitern wir (oft) unseren Wissenshorizont und regen das Gegenüber zum Weiterdenken an.

Beobachte in den Dialogen, welches Hörmodell du oder die anderen einsetzen.

Mut braucht man, um aufzustehen und das Wort zu ergreifen;
Mut braucht man auch, um sich hinzusetzen und zuzuhören.

Winston Churchill

P.S.

Wenn dich das Zuhör-Kommunikations-Thema interessiert, dann hast du verschiedene Möglichkeiten:

Du kannst am eintägigen Kommunikations-Workshop am Zollikerberg, am 21. September 2019 teilnehmen. Hier findest du mehr Information.

Oder du entscheidest dich für den 30-Lektionen E-Mail-Kurs „Zuhören Meistern – Besser Überzeugen“.
Hier findest du mehr Information.

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