Bewusstsein ist eines der grundlegenden und zum Teil schwer verständlichen Phänomene im Menschlichen oder überhaupt in der Natur. Wir alle haben Bewusstsein, aber nur selten denken wir darüber nach, was es eigentlich ist und warum es so wichtig ist. In diesem Artikel werde ich versuchen, das Bewusstsein zu erklären und zu erläutern, wie man es erlangen kann.

Das Wunder der Gefühle

Gefühle sind unerlässlich für unseren Schutz, da sie uns über Gefahren und Gelegenheiten in Kenntnis setzen und uns einen Anreiz verschaffen, entsprechend zu handeln. Aber Gefühle bieten noch mehr als nur ein Wunder der Natur zu sein. Sie sind auch die Voraussetzung, die Bewusstsein erst möglich macht.

Die Gefühle, die das Bewusstsein möglich machen, sind grundsätzlich zwei Dinge: Bilder des Inneren, die die homöostatisch* vorangetriebenen Veränderungen der inneren Konfigurationen des Organismus im Detail abbilden; und andererseits Bilder, die im Detail die Wechselwirkungen zwischen allem, was wir in unserem Hirn konstruieren und ihren Quellen im Körper abbilden und damit auf natürliche Weise deutlich machen, dass diese Konstruktionen (Karten) sich innerhalb des Organismus befinden.

*(Homöostase erzeugt ein dynamisches Gleichgewicht und ist damit ein essenzielles Prinzip für die Lebenserhaltung und Funktion eines Organismus oder eines Organs)

Der Geist gehört dem Organismus – folglich wird alles, was im Geist vorgeht, aus der Perspektive des Organismus konstruiert. Dies schließt sowohl die Karten des Innenlebens als auch die Karten von Strukturen, Handlungen und räumlichen Positionen anderer Organismen und Gegenstände mit ein, die in der Außenumgebung existieren und stattfinden.

Die Innenwelt hat Priorität

Wenn Menschen beiläufig über Bewusstsein sprechen, denken sie häufig zuerst an die Außenwelt. Es erscheint verständlich, dass wir unsere Fähigkeit, diese äußere Welt abzubilden, oft mit der Frage gleichsetzen: „Bin ich bewusst?“

Diese Frage ist allerdings problematisch und führt uns nicht weiter – vor allem dann nicht, wenn unser Ziel ist, ein tieferes Verständnis von Bewusstsein zu entwickeln und zu erfahren.

Weil es so schwer ist herauszufinden, was genau uns bewusst macht und ob wir unserer Umgebung auch immer ganz gegensatzlos „beiwohnend“ folgen – also gleichermaßen Teilnehmer sowohl in ihr als auch außerhalb von ihr sind.

Wenn Menschen bewusster sein möchten und dies erfolgreich umsetzen wollen, sollten sie versuchen mehr die innere Welt zu analysieren. Die Kartierung der Außenwelt lässt sich leicht verbessern oder optimieren, doch um mehr über Bewusstsein zu erfahren oder gar einen Schritt weiterzukommen will man eigentlich in sich suchen …

Wir können uns unseren Organismus als Aufseher über die inneren und äußeren Objekte und Prozesse vorstellen. Unserer Existenz und Wahrnehmungen werden wir uns bewusst, wenn wir Bezüge und eigen geschaffenes Verständnis herstellen.

Dass wir wissen, was wir wissen, liegt nur daran, dass gleichzeitig zwei Aspekte der Realität vorhanden sind. Der eine betrifft die Zustände unseres urtümlichen chemischen und organischen Inneren und findet seinen Ausdruck in dem Mischprozess namens „Gefühl“.

Der andere Aspekt ist der räumliche Bezug, den unser Inneres aus Muskeln und Skelett liefert. Der stabile Rahmen, das Zuhause, indem sich unser Ichsein befindet.

Kenntnissammlung

Man ist leicht versucht, den „Aufbau des Bewusstseins“ wie die Arbeit eines erfolgreichen Bauunternehmers zu betrachten, der Material und die für sein Projekt erforderlichen Handwerker sammelt.

Bewusstsein sammelt die Wissensbrocken, die durch ihre gemeinsame Gegenwart das Geheimnis der Zugehörigkeit offenlegen. Sie sagen mir – oder dir manchmal in der subtilen Sprache der Gefühle, manchmal auch in gewöhnlichen Bildern oder sogar in Worten, die für diese Gelegenheit übersetzt wurden:

Ja, sieh her, das bin ich – oder das bist du, der diese Dinge denkt, diese Bilder sieht, diese Geräusche hört und diese Gefühle fühlt. Das „Ich“ und „Du“ werden durch mentale Bestandteile und Bestandteile des Körpers als „Ich“ und „Du“ identifiziert.

Damasio, Antonio. „Wie wir denken, wie wir fühlen“ (German Edition) (p. 138). Carl Hanser Verlag GmbH & Co. KG. Kindle Edition.

Und auch für den Umgang mit sich und den anderen:

Ja, ich bin das! Und du bist es auch! Dies ist meine Wahrheit. Dies ist deine Wahrheit. Ich kann deine Wahrheit akzeptieren und du kannst meine Wahrheit akzeptieren…

Die Welt kann also zu dir kommen, denn dein lebender Organismus – nicht nur dein Gehirn, sondern dein gesamtes System – ist eine offene Bühne, auf der zu deinem Vorteil ein endliches Schauspiel aufgeführt wird.

Wir leben basierend auf Bildern, darunter auch solchen gemischten Darstellungen, die auf den Wechselwirkungen zwischen Gehirn und Körper beruhen. Diese „Bilder“, die wir Gefühle nennen, sind Wissensbrocken, die wir in unserer „Lebensgeschichte“ ansammeln. Sie beschreiben im Hier und Jetzt den Augenblick. Und unsere Lebenszeit ist ein Nachweis unseres Seins.

Bewusstsein ist das Sammeln von Kenntnissen, die ausreichen, um inmitten fließender Bilder automatisch die Vorstellung zu erzeugen, dass es meine Bilder sind, dass sie sich in meinem lebenden Organismus abspielen und dass der Geist – nun ja, ebenfalls mein Geist ist.

Fazit

Etwas spüren ist nicht dasselbe wie bewusst zu sein. Zum Bewusstsein braucht es einen Geist. Bewusstsein braucht ein ausdrückliches (explizites, bewusstes) Wissen über die Dinge, die man tut, über die Gedanken, mit denen man sich beschäftigt. Zu erkennen, dass man hier immer autonom die Wahl hat, auf was man seine Aufmerksamkeit richtet, ist eine wichtige Form des Bewusstseins.

Wissen wird immer erst dann explizit, wenn es einen Ausdruck in Form von bildhaften Mustern erkennt. Diese Muster dienen als Vorlagen, an denen wir uns orientieren, wenn wir Neues erschaffen wollen.