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Zwei Quantensprünge (Teil II)

Bild: Phil Coffman – unsplash

Im ersten Teil fanden Sie Gedanken zu „Macht der Wahl“ als ersten mentalen Quantensprung mit den Themen Verantwortlichkeit und der immer vorhandenen Wahlmöglichkeit, die in Stephen Coveys Zitat konzentriert auf den Punkt gebracht ist:

Ich bin nicht das Produkt meiner Umstände. Ich bin das Produkt meiner Entscheidungen.

Stephen Covey fasst in seinem Buch den Quantensprung I-Ansatz als „privaten Erfolg“ und ordnet diesem, drei Kapitel zu:

  1. Pro-aktiv sein
  2. Schon am Anfang das Ende im Sinn haben
  3. Das Wichtigste zuerst tun

Sind diese Gewohnheiten übernommen, bewegt man sich von Abhängigkeit zu einem hohen Verständnis von Unabhängigkeit – man übernimmt für sich die Verantwortung – das ist der erste Quantensprung. Der zweite mentale Quantensprung liegt für mich in

2. Die Macht der Synergie

Covey ordnet dies dem „öffentlichen Erfolg“ mit drei Überschriften zu:

  1. Win-Win-Denken
  2. Erst verstehen, dann verstanden werden
  3. Synergien schaffen

Ich kenne „erfolgreiche“ Menschen, denen diese drei Gewohnheiten fremd sind. Anstatt versuchen zu verstehen, ist es ihnen nur wichtig, verstanden zu werden. Anstatt Synergie zu schaffen, geht es nur um ihr Ding, sie sehen andere als unterlegen an. Sind keine Teamplayer. Sind nicht lernfähig, sind nicht an Beziehungen interessiert, die Nutzen für alle Beteiligten bringen. Das Ich steht weit vor dem Wir.

Wann immer Dinge aus mehreren Teilen zusammengesetzt sind, ist das ganze mehr als nur die Summe seiner Teile.

Aristoteles

In unserem Sprachraum ist der Begriff „Synergien“ leider oft negativ mit „Einsparungsmöglichkeiten“ belegt. Das Konzept der Synergie geht jedoch weit darüber hinaus und bringt ungleich höheren Nutzen, um gemeinsam neue Lösungsräume zu gestalten, statt auf Kompromisse zu zielen. Das funktioniert nicht nur im Job und in der Familie, sondern auch in der Schule, dem Gesundheitswesen, in Parteien oder bei Rechtsanwälten.

„Das Leben ist voller Probleme. Scheinbar unlösbarer Probleme. Persönlicher Probleme. Familiärer Probleme. Beruflicher Probleme. Probleme in unserer Nachbarschaft und in der großen weiten Welt.“[1]

Synergie ist die Alternative – weder meine Lösung noch Ihre, sondern die dritte, die besser ist als unsere beiden ursprünglichen Vorschläge. Sie ist die Frucht, die wir ernten können, wenn wir die Unterschiede zwischen uns respektieren und wertschätzen. Synergie bedeutet, gemeinsam Probleme zu lösen, Möglichkeiten zu ergreifen und Meinungsverschiedenheiten beizulegen.

Sie entsteht und wirkt bei kreativer Kooperation, sodass 1+1=3 sein kann, aber auch 10, 100 oder noch mehr sein. Außerdem ist Synergie der Schlüssel zur Effektivität von Teams und Beziehungen. Ein synergetisches Team ist eines, das sich untereinander ergänzt, das so organisiert ist, dass die Stärken des einen die Schwächen des anderen ausgleichen. So kann man die Stärken optimal nutzen und die individuellen Schwächen irrelevant machen.

Synergien erzeugen – Prinzipien kreativer Kooperation

Synergie bedeutet in diesem Zusammenhang: Eins plus eins ergibt drei oder mehr. Zwei Personen erkennen mehr und finden bessere Lösungsmöglichkeiten als ein Einzelner und zwar vor allem dann, wenn die zwei Personen unterschiedlicher Meinung sind, denn damit werden beide zu neuen Gedanken angeregt, es besteht ein grösserer Fundus an Wissen und Erfahrung. Damit schaffen wir Dinge, neue Alternativen – die es vorher nicht gab. Dies sowohl im Beruf wie im Familienleben. Zu Beginn der Kommunikation ist offen, welche Lösung gefunden wird, nur – es wird eine dritte, eine neue Möglichkeit (Alternative) sein, die jeweils die Wünsche der Beteiligten, zumindest zu einem Teil, mit einschliesst.

Du siehst Dinge und fragst: „Warum?“. Aber ich träume von Dingen,
die es nie gegeben hat und frage: „warum nicht?“

George Bernhard Shaw

Unsere Unterschiede sind keine Stolpersteine für Kommunikation und Fortschritt, stattdessen sind sie Stufen der Synergie.

Jeder Mensch hat seine eigene Art, Dinge wahrzunehmen und zu bewerten. Jeder besitzt seine eigene mentale Landkarte. Die meisten von uns sind es gewohnt, in Positionen zu denken, Schwarz und Weiss als Standpunkte zu definieren. Die eine Seite glaubt, Recht zu haben und lässt nur ihren Standpunkt gelten.

Indem ein anderer dieses System nicht akzeptiert oder erkennt, greift er automatisch die Identität, die Autonomie, den Status und das Selbstverständnis des anderen an – Konflikte sind vorprogrammiert.

⇒ Paradigmen Wechsel

Wem es gelingt, seine Landkarte mit der eines anderen zusammenzulegen, vergrössert seinen Horizont, erfährt eine umfassendere Sicht der Dinge, sieht Sachverhalte aus einem anderen Blickwinkel, in einem anderen Licht – in einer Weise, die ihm/ihr zuvor nicht sichtbar war.

Unsere Sichtweise der Dinge verhindert in den meisten Fällen, dass wir andere neutral wahrnehmen, wertschätzen und ihnen wirklich zuhören. Da ist zunächst Arbeit am eigenen Ego notwendig. Wir glauben, dass wir andere von unserer Sichtweise überzeigen müssen – aber nur, wer sich seiner eigenen Denkmuster bewusst ist, kann diese verändern und beeinflussen.

Mir meiner eigenen Unzulänglichkeiten, Positionen und Motive bewusst werden, d.h. zu akzeptieren, dass meine Sicht nur eine mögliche Sichtweise ist.

Den anderen als Person, nicht als Vertreter der „anderen“ Seite wahrnehmen, sondern in erster Linie als Mensch.

Erkenne ich eine andere Denkweise als andersartig (= interessant), dann kann ich beginnen zu verstehen und zu akzeptieren.

Damit lässt sich, anstatt zu attackieren (zu zeigen, dass man Recht hat), gemeinsam eine bessere Lösung finden.

⇒ Freiheit der Entscheidung

Wer erkennt, welche Einflüsse auf ihn wirken, wie er kulturell verwurzelt ist und wie „beschränkt“ (stur) seine Sicht ist, kann offen mit anderen umgehen und braucht sie nicht als Bedrohung zu empfinden. Vielen ist das gar nicht bewusst. Sie sehen nicht, dass sie die Freiheit haben zu entscheiden, wie ihre eigene Geschichte weiter geht – sehen nicht, dass sie selbst zur Dramaturgie ihres Werdeganges und ihrer Entwicklung beitragen und (siehe Teil I) dafür alleinig die Verantwortung tragen.

Es stimmt schon:¨

Niemand ist im Besitz der kompletten Wahrheit. Wir sehen alle nur Bruchstücke.

Wer Synergien schaffen möchte, sucht aktiv nach diesen verschiedenen Bruchstücken der Wahrheit.

Andere Sichtweisen sind willkommene Anlässe, sind Inspirationen, um eine umfassendere Sicht der Dinge zu erkennen und sich weiterzuentwickeln – die eigenen Landkarten vergrössern.

Konflikte sind nicht Probleme, sondern Chancen für andersartige Lösungen.

Diese Denkweise ist eine Kehrtwende zum landläufigen (unreflektierten) Denken.

Unterschiede zum Vorteil aller Beteiligten nutzen, bringt Vorteile für alle Beteiligten.

Wer davon ausgeht, dass der Kuchen gross genug für alle ist, kann aus dem Vollen schöpfen.

 Covey nennt dies die 3. Alternative und sie folgt immer einem bestimmten Ablauf:

⇒ Nährboden für Weiterentwicklung

Positionen erkennen: Erst wenn klar ist, wie der Konflikt, das Dilemma, die Zwickmühle oder Problemstellung aussieht und wer daran beteiligt ist, ist das Problem erfasst. Es gilt, so viele Beteiligte wie möglich einzubeziehen, um ihre Positionen zu erkennen.

Zuhören – mit Empathie: Die andere Person, deren Gefühle und Bedürfnisse analysieren und aus deren Schuhen nachempfinden, um miteinander anstatt gegeneinander Lösungen zu finden, die die Bedürfnisse aller Beteiligten berücksichtigen.

Fragen: „Sind Sie bereit, eine bessere Lösung zu finden, als diejenige, die Sie und ich derzeit im Kopf haben?“ Wohlgemerkt: Lösung, nicht Kompromiss.

Liste mit Erfolgskriterien erstellen: „Was müsste erfüllt sein, damit eine Lösung besser ist…?“ Aber: Noch ist keine Lösung in Sicht.

Magisches Theater: Kreativ sein. Kontratypen entwickeln, Prototypen ersinnen. Theorien und Hypothesen aufstellen. Herumspinnen. Aber: Nicht urteilen, weder be- noch ver-. Immer noch keine Lösung in Sicht? Es kann sein, dass es keine gibt. Doch manchmal passiert es: Plötzlich entsteht Synergie.

Die 3. Alternative wird sichtbar: Sie lässt alle Beteiligten zu Gewinnern werden – alle tragen diese Lösung und empfinden sie als bessere Variante: „Sie verkörpert das Ergebnis, das sich alle wünschen“, so formulierte es Stephen Covey. Der Konflikt ist ausgehebelt, ist obsolet, ist verschwunden.

Ein Mitarbeiter fragt seine Projektleiter, ob man einen Vorgang nicht anders handhaben könne. Der (nicht 3. Alternativ denkende) Projektleiter denkt: „Wirklich, jetzt will er mir auch noch sagen, wie ich hier meinen Job zu machen habe.“ Der Einwand des Mitarbeiters wird als Bedrohung oder Untergrabung seiner Autorität empfunden.

3.-Alternativ-Denken:

„Oh, jetzt will ich aber genau zuhören, was er zu sagen hat.“ Der Projektleiter möchte vom anderen Blickwinkel oder dem Vorschlag lernen. Wer nur offensiv vorgeht, wird seinen Mitmenschen nicht gerecht und schöpft die vorhandene Kreativität zur Lösungsfindung nicht aus.

Covey meint, das 3.-Alternativ-Denken führt unter anderem zu einem weiteren positiven Effekt: Unabhängig von Alter oder körperlicher Leistungsfähigkeit sieht ein Mensch, der nach der 3.-Alternative sucht, in jedem Lebensabschnitt zahlreiche Aufgaben und Beiträge, die er leisten kann.

Ob es gilt, Freundschaften zu pflegen, Probleme zu lösen, Wissen zu erwerben, die Familie zu stärken oder neue Beziehungen zu knüpfen – es gibt viel zu tun – aber es ist trotz allem, alles eine Frage der Einstellung und der Denkmuster.

Verantwortung für sich selbst tragen und Synergien suchen, zwei mentale Quantensprünge, so meint Ihr Autor und Stephen Coveys Buch „Die 3. Alternative“ empfehle ich wärmstens.

[1] Covey, Stephen R.. Die 3. Alternative

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