Gute Eltern wissen, dass das Leben eines Babys nur bis zu einem gewissen Maß aufregend sein sollte. Nachdem Freunde zu Besuch waren, Geschenke überreicht und Grimassen gezogen wurden, das Baby von einem Arm zum anderen gewandert ist, ist es irgendwann genug. Das Baby hört auf zu lachen und bricht in Tränen aus. Weise Eltern wissen, dass nichts Schlimmes vorgefallen ist (obwohl das Baby jetzt vielleicht weint). Es ist Zeit für einen Mittagsschlaf.

Das Gehirn will die Vielzahl an Eindrücken verarbeiten und verdauen – und zwar in Ruhe. Die Vorhänge werden zugezogen, das Baby ins Bett gelegt und schon bald wird es schlafen. Jeder weiß, dass das Leben in einer Stunde schon wieder sehr viel einfacher sein wird. Gehen wir mit uns selbst auch so fürsorglich um?

Wir planen eine Woche, in der wir 12 Zoom-Meetings haben (3 davon erfordern Vorbereitung), in der wir täglich mehrere Abstecher in verschiedenen Newsportals vornehmen, Inzidenzen und Hospitalisierungen checken, in der wir x Filme oder stundenlang Netflix gucken, das Bett neu beziehen, 5 schwere Mahlzeiten nach 20 Uhr zu uns nehmen und 35 Tassen Kaffee trinken – und dann beklagen wir uns, dass unser Leben zu hektisch ist und wir kurz vor einem geistigen Zusammenbruch stehen.

Wie viel aus unserer Kindheit steckt heute noch in uns? Übersehen wir vielleicht zu häufig, wie viel Sorgfalt es bedarf, Dinge einfach und ruhig zu halten und anzugehen? Verbirgt sich dahinter eine Ängstlichkeit an sich?

Wir alle wollen Sicherheit im Leben. Süchtig sind wir danach. Und, was kann so alles passieren? Wir sind verwundbar. Ein Fehlverhalten, und unser Ruf ist ruiniert. Unaufmerksam im Straßenverkehr, und wir landen im Krankenhaus oder beim Leichenbestatter. Ein schwacher Moment, und die Beziehung geht in die Brüche.

Da wir inzwischen bewusster erkannt haben, dass es nur eine Sicherheit gibt, nämlich die, dass es an sich keine Sicherheit gibt, tragen wir in uns einen kleinen dunklen Raum, in dem wir uns eingestehen, wie fragil die Welt und wir selbst sind.

Was sich da als Angst zeigt, ist kein ungewöhnliches Phänomen; es ist unter anderem das nachvollziehbare, verärgerte Plädoyer unseres Geistes, nicht ständig auf überfordernde Weise überreizt zu werden. Hierzu ein paar Gedanken, die helfen könnten, unser Leben einfacher zu gestalten:

Verpflichtungen

Es ist theoretisch ein Privileg, viele Leuten zu kennen und viele Dinge tun zu können. Aus psychologischer Perspektive ist es jedoch auch anstrengend und letztlich vielleicht sogar gefährlich. Die Metapher ist harsch, und man könnte über die Anteile diskutieren, aber diese Aussage Nietzsches bleibt relevant: „Alle Menschen zerfallen, wie zu allen Zeiten so auch jetzt noch, in Sklaven und Freie; denn wer von seinem Tage nicht zwei Drittel für sich hat, ist ein Sklave, er sei übrigens wer er wolle: Staatsmann, Kaufmann, Beamter, Gelehrter“.

Wir wollen erkennen, dass das, was wir physisch in 24 Stunden leisten können, nicht notwendigerweise für unsere Psyche noch für unsere Seele klug oder sinnvoll ist. Es ist möglich, an einem Tag ein, zwei ausländische Hauptstädte zu besuchen und ein Unternehmen zu dirigieren und sich gleichzeitig um die Kinder zu kümmern. Aber wir sollten uns nicht wundern, wenn solche Routinen letztlich zu einer inneren Leere führen. Ich unterscheide für mich dabei zwischen Aktionen und Aktivitäten.

Schlaf

– und zwar viel davon. Wir wissen alle, wie viel schwieriger Dinge werden, wenn wir unausgeschlafen sind. Manchmal geht es nicht anders und es passiert. Eine Zeit lang gelingt es uns nicht, genug Schlaf zu bekommen. In diesen Phasen sollten wir uns wenigstens sehr bewusst darüber sein, dass uns Schlaf fehlt, damit wir nicht anfangen, die Ursachen für unsere Probleme an ganz anderen Stellen zu suchen.

Medien

Ich glaube nicht, dass Smartphones uns smarter machen. Was wir angeboten bekommen und (auch unbewusst) aufnehmen, wenn wir unsere Smartphones checken, ist vielleicht der größte Faktor für unser psychisches Unwohlsein.

Früher gab es nicht „zu viele Nachrichten“. Informationen aus dem politischen Umfeld oder dem Ausland waren selten, wertvoll und teuer. Wissen war ein Privileg. Seit Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts wurden Nachrichten zur Ware gemacht und sind dabei zu einem großen, unterschätzten Risiko für unser mentales Überleben geworden. In jeder Minute, ob Tag, ob Nacht, haben wir die Möglichkeit, unseren Geist zu füllen mit Manie, Katastrophen, Zorn, Rückschlägen, Ambitionen, Triumphen, Wahnsinn und Tragödien von Fremden rund um unseren umnachteten Planeten. Dabei sprechen die Medien von unserem Bedürfnis, etwas zu wissen und dem Drang, es jetzt gleich zu erfahren. Aber das, was wir vergessen haben, ist unser ebenso großes und meist größeres Bedürfnis: es NICHT zu wissen.

Die Geschichten sind zu gewalttätig, entmutigend und traurig. Unser Geist wird durch die Flut dieser negativen Nachrichten gestresst, meist ohne dass wir das bewusst merken. Wir haben Verantwortung in unserem direkten Umfeld, wir wollen unser eigenes Leben führen, anstatt von Geschichten zerrissen zu werden, vom Leben anderer, die so weit entfernt und irrelevant für uns sind wie die wie die Bewohner des ägyptischen Königshofes Sneferu im späten 2.613 v. Chr.

Grübeln

Schlaflosigkeit und Angstzustände sind mögliche Reaktionen des Geistes für all jene Gedanken, die wir uns weigern, während des Tages in unser Bewusstsein zu rufen, um sie zu verarbeiten. Um Ruhe zu finden, braucht es Zeit, in der wir nichts anderes tun, außer (mit einem Stift und Papier) nachzudenken. Dabei könnten wir insbesondere drei Themen berücksichtigen:

  1. Was macht mir Angst?
  2. Was hat mir Schmerzen zugefügt und wie?
  3. Was bewegt mich?

Wir wollen den chaotischen Inhalt unseres Geistes regelmäßig durchleuchten. Jede Stunde unseres Lebens erfordert mindestens einige Minuten sorgfältiger Reflexion.

Erwartungen

Erwartungen sind Gedanken und Einstellungen des Menschen, die sich auf mehr oder weniger klare Zielvorstellungen beziehen. Die Erwartung ist eine vorstellungsmäßige Vorwegnahme von Ereignissen, von bestimmten Denk- und Handlungszielen, die immer in der Zukunft liegen. Erwartungen sind eine Art Schwebezustand, der unser Verhalten und Erleben bestimmt. Erwartungen sind vorwegnehmende Reaktionen auf Handlungen, die erwartet, gewollt, gewünscht, erhofft oder vermutet werden. Also könnte man sagen: sie sind Fantasie.

Ist ein Mensch ausgeglichen und zufrieden, offen und glücklich, selbstbestimmt lebend, sind seine Erwartungen geringer, die Erwartungsspannung auf ein Minimum reduziert.

Uns wird klar: Aufregung kann eine Zeit lang Spaß machen, aber bringt einen auch um. Einfachheit ist wahre Weisheit. Wir brauchen vielleicht sehr viel mehr Nickerchen.

(inspiriert bei theschooloflive.com)

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