Unsere Grosseltern, für den einen oder anderen auch die Eltern, lebten vielleicht in anderen Strukturen, in festeren Strukturen: Man hatte seine Religion, seinen Ehepartner, seine Familie und seinen Beruf.

Die Identität war sozusagen «ererbt»; die Möglichkeiten, das eigene Schicksal, das Leben im engen Korsett der gesellschaftlichen Normen und innerhalb der familiären Bindungen zu formen, war begrenzt.

In meiner Jugend, so wie ich mich erinnere, gab es nur zwei Sorten von Jeans: Levis und Wrangler. Weder vorgewaschen, noch mit Designer-Löchern etc. – und meine Mutter hatte, wenn es dann mal ein Loch gab, einen Fleck draufgenäht. Ich hatte eine Patchwork-Hose – die konnte man in die Ecke stellen.

Und heute? Patchwork-Familien, Job-Hopping und ständige Neudefinitionen der eigenen Identität sind Alltag geworden.

Heute steht uns dank Internet und Billigfliegern der gesamte Globus für Arbeit und vor allem zum Konsum zur Verfügung. Die Menge an verfügbaren Produkten ist explosionsartig gestiegen – ebenso die Menge des Wissens und die Menge der Ablenkungen. Als in Zürich die Lockdown-Beschränkung für Klamottenhäuser und Uhrengeschäfte aufgehoben wurden, standen Menschen in der Bahnhofstrasse vor Louis Vitton, Cartier usw. für den Konsum Schlange – als ob es ein neues iPhone gegeben hätte. War das Einkaufstherapie oder endlich wieder Sinn des Lebens leben?

Glück besteht darin, all seine Fähigkeiten einsetzen zu können für ein Ziel.

Aristoteles

Ein schönes Leben: Früh voller Elan aus dem Bett springen und auf den (Arbeits-) Tag freuen. Den Job lieben, das Umfeld geniessen, die Probleme und Herausforderungen souverän angehen und die Informationsflut im Griff haben. Das bist du.

Wenn nicht – keine Sorge. Du bist nicht allein. Die meisten Menschen, leider, leben und arbeiten nicht in derartigen paradiesischen Umständen. Wenn du dies ändern willst, dann könntest du dich heute vielleicht, natürlich nur als Angebot und nach kritischer Prüfung, mit Mut daran machen, die ersten Schritte Richtung Paradies zu gehen.

Die Gefahr der Ablenkung und Verzettelung war wahrscheinlich noch nie so gross wie heute. Für manchen ist die unglaubliche Vielfalt des Angebots und der Wahlmöglichkeiten eher ein Fluch als ein Segen, oftmals unbewusst.

Fokussierung ist das Zauberwort, das die negativen Begleiterscheinungen beseitigt, die die Komplexität unserer Welt mich sich bringt.

Wer fokussiert ist, ist nicht Spielball der Wellen und Gezeiten.

Was ist Fokus?

Fokus bedeutet für mich: ein klares Ziel haben und Prioritäten setzen können. Damit sind automatisch andere Qualitäten verbunden, so nebenbei:

Nein sagen zu können, ohne Angst, dass man mit dem «NEIN» andere Menschen enttäuscht oder weniger geliebt wird und

⇒ Seine Lebenszeit mit sinnstiftenden Dingen verbringen und sich nicht im Ablenkungsangebot verlieren.

Der grösste Feind des Fokus: Der (unbewusste) Wunsch, es allen recht machen zu wollen.

Wer sich voll darauf konzentriert, in einem bestimmten Bereich immer besser zu werden, ist zwangsläufig erfolgreicher als jemand, der seine Kräfte auf alle möglichen Aktivitäten verteilt und am Ende nichts wirklich gut macht. Nur die bedingungslose Konzentration und Spezialisierung führt zu Spitzenleistungen.

In der Leichtathletik gelten die Zehnkämpfer zwar als die «Könige der Athleten», doch die Spezialisten sind ihnen in jeder Einzeldisziplin deutlich überlegen.

Die engpasskonzentrierte Strategie (EKS)

EKS ist eine ausgezeichnete Methode, um den eigenen oder unternehmerischen Fokus zu finden. Sie beruht auf vier Prinzipien:

Konzentration der Kräfte und ganzheitliche Spezialisierung: Die Kräfte werden gebündelt wie ein Laserstrahl, um die eigene Wirkung zu vervielfachen.

Engpass-Prinzip: Unser Erfolg hängt davon ab, wie gut es uns gelingt, Probleme anderer Menschen zu lösen und deren Entwicklungsengpässe zu überwinden.

Immaterielle Werte zuerst: Wer seine (finanzielle) Situation verbessern will, möchte über seine immateriellen Werte reflektieren. Dazu gehören:

spezielles Know-how, das wichtige Probleme und Engpässe anderer löst

das Vertrauen und die Verbundenheit mit Kunden und Kooperationspartnern

das Engagement der Mitarbeiter

ein positives (Marken-)Image

der Glaube an sich selbst und der Wille, die eigenen Talente zum Nutzen anderer zu entfalten, sind durchweg immaterielle Phänomene, die in keiner Bilanz stehen, die aber in hohem Masse unseren materiellen Erfolg verantworten.

Nutzen- statt Gewinnmaximierung: Erfolgreich werden wir nur, wenn wir den Nutzen für andere maximieren. Der eigene Gewinn wird dann die automatische Folge sein.

Ganzheitliche Spezialisierungen und Fokussierungen nach den Grundsätzen der EKS verlaufen in sieben aufeinander aufbauenden Schritten. Schritt 1 bis 4 dienen dazu, den Fokus zu finden, Schritt 5 bis 7, das im Fokus liegende Ziel zu erreichen:

  1. Analyse der Ist-Situation und der speziellen Stärken: Hier analysierst du, wo deine speziellen Stärken liegen. Diese brauchst du, um die Richtung zu finden, in der dein Fokus liegt.
  2. Analyse des zentralen Nutzens: Hier findest du die ersten Ansätze für deine Fokussierung.
  3. Zielgruppen-Analyse: Alles, was wir beruflich tun, sollte anderen dienen. In diesem Schritt findest du heraus, wer diese »anderen« sind.
  4. Engpass-Analyse: Je besser wir die Wünsche und Bedürfnisse anderer mit unseren Angeboten treffen, desto größer ist unser Erfolg. Hier sind wir am Ziel. Wir finden den Fokus: den Punkt, auf den wir unsere Kräfte richten und sie bündeln.
  5. Innovation: Das Ziel von Fokussierungen sind Leistungsverbesserungen – hier lernst du, wie du das am besten machst.
  6. Kooperation: Die eigene Wirkung kannst du um ein Mehrfaches steigern, wenn du es verstehst, richtig zu kooperieren.
  7. Definition der Grundbedürfnisse: Spezialisierungsstrategien brauchen langfristige Ausrichtungen.

Zum Einstimmen könntest du überlegen, wie du bisher deine Ziele gefunden hast und vielleicht eine erste Liste von Zielen erstellen, auf die du dich am liebsten konzentrieren (fokussieren) möchtest.

Die EKS bedingt völlig andere Verhaltensweisen von uns, als wir es in der Schule oder in der Managementlehre gelernt haben:

Dort gilt der Mensch als ein auf Eigennutz programmiertes Wesen. Und das oberste Ziel eines Unternehmens besteht darin, den Gewinn zu maximieren. Wenn sowohl Menschen als auch Unternehmen nur an ihren eigenen Vorteil denken, ist das angeblich gut für alle.

Dass bei einem solchen Denken die Umwelt, unsere Gesundheit und der Zusammenhalt unserer Gesellschaft auf der Strecke bleiben, ist kein Wunder. Es überrascht nicht, dass weltweit der Widerstand gegen diese Form des Wirtschaftens und Umgangs miteinander wächst. Die EKS bietet dazu eine gute Alternative.

An die Stelle von Kampf und Gier treten Wachstum, Kreativität und die Fokussierung auf den Nutzen für andere: Wenn wir Mittel und Wege finden, um den Nutzen für andere zu steigern, folgt der Gewinn von ganz allein.

Je mehr wir für andere tun, desto mehr gewinnen wir selbst. Das ist ausserdem besser für die Beziehung zu unseren Partnern, Mitmenschen, Kunden und Mitarbeitern. Statt zu Konfrontation führt solches Denken und Arbeiten zu einem besseren Miteinander, zu einem Geben und Empfangen.

Ausserdem sind wir viel kreativer und innovativer, wenn wir uns um die die Probleme anderer kümmern, weil wir uns dabei nicht, wie oftmals bei eigenen Problemen und Herausforderungen, selbst im Wege stehen. Keineswegs bedeutet das, dass wir unsere eigenen Probleme ausser Acht lassen sollten. Sind Probleme, wenn es sie gibt, doch die kompetente Erkenntnis, dass es einen Unterschied zwischen dem Ist- und Sollzustand gibt, also eines unserer Bedürfnisse gerade nicht so erfüllt wird, wie wir es gerne hätten.

Ein klares Ziel zu haben, sich seiner Werte bewusst zu sein und damit Prioritäten setzen zu können, bringt neben dem Erfolg zudem mehr Sinn und Glück ins Leben …

Als Quellen halfen mir sehr folgende zwei Bücher:

Kerstin Friedrich: Fokus finden: Erfolg durch engpasskonzentrierte Strategie

Kerstin Friedrich, Fredmund Malik und Lothar Siewert: Das große 1×1 der Erfolgsstrategie: EKS® – Erfolg durch Spezialisierung

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