Stress Management

Stress bedarf einer sinnlichen Wahrnehmung 

Wir alle fühlen Stress in unserem Leben, und es ist weder möglich, noch sinnvoll, zu versuchen ihn auszurotten. In der Tat, der Stress ist nicht das Problem, egal wie sehr wir glauben, dass wir darunter leiden.

Das wirkliche Problem ist, dass wir unserem Körper zu wenig Zeit zum Erholen geben. 

Ist Stress Mythos?

Wären Sie überrascht, wenn ich behaupten würde, dass Stress, in der Art wie wir das Wort benutzen, nur in unserem Hirn besteht? Ich gehe noch weiter, Stress „per se“ gibt es nicht. 

Denken Sie an etwas, was sie kürzlich gestresst hat und fragen Sie sich, gibt es vielleicht einen Menschen auf der Erde, der in dieser Situation nicht gestresst wäre? Wenn Sie die Frage mit Ja beantworten, dann sind wir uns einig: Es ist nicht die Situation, die stresst, sondern die Art und Weise, wie wir damit umgehen. Stress ist kontextabhängig.

Wir kennen Ursache und Wirkung. Beim Spazieren im Regen ohne Schirm wird man nass. Eines folgt dem anderen ohne Intervention oder Interpretation. Beim Stress hingegen liegt zwischen Ursache und Wirkung die Interpretation. Ohne eine Interpretation, was denn diese Situation für uns bedeutet, gibt es keinen Stress.

Ihr Chef teilt Ihnen mit, dass er Sie, wenn Sie Ihre Aufgabe nicht bis zum Ende der Woche erledigt haben, feuert. Das ist Stress; aber was passiert, wenn Sie auf dem Nachhauseweg ein Los kaufen und 12 Millionen Franken gewinnen? Wären Sie immer noch gestresst oder würden Sie mit Freude selbst die Kündigung einreichen?

Halt sagen Sie, im zweiten Fall habe ich mehr Geld und im ersten verliere ich Haus und Hof. Erst mal kein Unterschied, in beiden Fällen haben Sie keinen Job mehr, aber die Variante 2 stresst Sie nicht. 

Warum entsteht Stress im Kopf?

Im ersten Fall passiert einiges in Ihrem Hirn. Sie stellen sich vor, was alles auf Sie zukommt, wenn Sie arbeitslos sind und Sie starten einen internen Dialog. Das ist völlig normal und wir alle reagieren so.

Genau diese Bilder und Gespräche mit uns selbst sind die Gründe, warum wir uns „wie“ fühlen. Diese Bilder spielen sich in unseren Köpfen ab und der Dialog ist zynisch und schnell. Manche der Gedanken sind gar nicht bewusst gedacht, springen hoch aus dem Unterbewusstsein oder sind schlicht Gewohnheit. 

Wenn wir uns vorstellen, einen Streit mit dem Partner zu haben, kein Einkommen mehr zu erhalten und letztendlich unter der Brücke wohnen zu müssen (nicht gut im Winter), dann fühlen wir uns nicht grossartig und sind gestresst. Es sind die inneren Stimmen und die Vorstellungen die stressvoll sind, nicht die Situation an sich. Der Film, der abläuft gehört zu den Genres Horror und Drama.

Wenn wir uns andererseits an das erste Date, die Geburt der Kinder, die Beförderung und die Gehaltserhöhung erinnern, oder uns vorstellen, die Europameisterschaft oder den Jack Pot zu gewinnen, dann fühlen wir uns unschlagbar.

In diesem Action Film stimmt alles, die Story, Regie, Kamera und der Soundtrack. In beiden Filmen sind Sie jedoch der Regisseur und Produzent.

Ist Stress Angst?

Was uns nicht alles stresst! Arbeit, Partner, Kinder, Hochnebel etc. – es ist gesellschaftlich akzeptiert, gestresst zu sein und gehört zu unserem täglichen Leben.

Stellen Sie sich zwei Fragen:

Habe ich mich in den letzten Wochen ein- oder mehrmals gestresst gefühlt?

Habe ich mich in den letzten Wochen ein- oder mehrmals geängstigt oder mich vor einer Situation gefürchtet?

Die Frage 1 ist einfacher zu beantworten oder sind Sie anderer Meinung?

Eustress (der positive Stress vs Disstress) ausser Acht gelassen, fällt mir keine Situation ein, wo ich den Begriff Stress nicht mit Angst oder Befürchtung austauschen könnte. Darf ich Sie bitten, einen Kommentar zu hinterlassen, wenn Sie anderer Meinung sind. Ein Beispiel wäre perfekt.

„Ich habe Stress in der Arbeit“ könnte übersetzt werden mit: „Ich will meinen Job nicht verlieren, ich will mein Einkommen nicht verlieren, damit ich meine Familie ernähren kann.“

„Diese Rede halten zu müssen stresst mich“, wird zu „Ich habe Angst, es nicht gut zu machen, mich zu blamieren und dass die Leute mich auslachen.“

Selbst wenn der obligatorische Laubbläser im Herbst stresst, meinen wir vielleicht, „ich befürchte, ich kann mich nicht richtig auf meine Arbeit konzentrieren“ oder,  „ich befürchte, dass ich, wenn mein Partner nach Hause kommt, schlechte Laune habe.“

Probieren Sie es aus: Das nächste Mal wenn Sie sagen, „ich bin gestresst“, sagen Sie „Ich habe Angst, dass….“ und beobachten Sie, ob dies Ihre Empfindung oder Wahrnehmung ändert.

Andauernd mit Furcht leben, wollen wir nicht. Aber es scheint so, als ob wir Stress (Furcht) als Teil unseres Lebens akzeptieren. Ist es nicht an der Zeit, anstatt zu glauben, dass chronischer Stress normal ist, etwas zu unternehmen, um mit weniger Furcht zu leben? 

Ist Stress ist das Gefühl, keine Kontrolle zu haben?

Wir benutzen das Wort „Stress“ als Sammelbegriff, um eine Vielzahl von unterschiedlichsten Bedingungen zu beschreiben. Wann immer ich mit Klienten das Thema erörtere, ist es so, dass es dann stresst, wenn man keine Kontrolle zu haben scheint.

Denken Sie an die Dinge die Sie regelmässig stressen. In welchen Fällen haben Sie die 100%ige Kontrolle über das Ergebnis? In keinem.

Nehmen Sie Ihre Arbeit als Beispiel, egal ob angestellt oder ob Sie selbständig sind. Sie tanzen nach der Pfeife des Chefs oder seinen Vorgaben oder Sie haben keine Kontrolle, wer Ihr Produkt oder Ihre Dienstleistung kauft.

Es gibt Zeiten, in denen Sie sich über Finanzen stressen. Immer dann wenn die 100%ige Kontrolle fehlt, denn wenn Sie die hätten, dann hätten Sie keinen Stress.

Korrekt: der Umkehrschluss ist, wenn Sie Kontrolle haben, dann haben Sie keinen, respektive deutlich weniger Stress.

Sie sitzen im Taxi, es geht bergab und die Bremsen versagen. Bleiben Sie auf Ihrem Sitz und vertrauen dem Taxifahrer Ihr Leben an, oder wollen Sie lieber das Steuer übernehmen? Also, ich wäre für das Zweite, obwohl es unlogisch ist. Der Taxifahrer kennt sein Auto und wahrscheinlich die Strasse besser. Aber wenn ich am Steuer sitze, habe ich zumindest die Kontrolle.

Wenn wir bewusst akzeptieren, dass wir selber und nicht der Boss, nicht die Regierung, nicht das Wetter, verantwortlich sind für den Stress, den wir fühlen, dann können wir anfangen, daran zu arbeiten. 

Ist Stress das Opfer spielen?

Sie können jegliche Situation kontrollieren, manchmal nur schon damit, dass Sie die Kontrolle über Ihre Betrachtungsweise haben. Das ist Freiheit. Wer Freiheit hat, ist kein Opfer.

Tatsache ist, ausser beim Raubüberfall, beim Mord oder bei Ihrer Gutgläubigkeit, sind Sie nie Opfer. Denken Sie an jene Menschen die Sie bewundern. Wie viele von diesen fühlen sich als Opfer? Ich behaupte keiner, denn…

… sich als Opfer sehen ist das Ohnmächtigste, das Sie sich antun können, und als Opfer geben Sie die Kontrolle auf, was, siehe oben, zu Stress führt. 

Ist Stress gesundheitsschädlich?

Wie erwähnt, Stress ist nicht das Problem an sich, sondern wie wir damit umgehen. Ein weiteres Problem entsteht, wenn unser Körper die Stresssymptome (Adrenalin etc.) nicht mehr adäquat aus- oder abschalten kann. Isoliert, keine grosse Sache, aber wenn es zum Normalzustand wird, dann hat es negative, gesundheitliche Konsequenzen.

Wenn ich von negativ spreche, dann meine ich nicht die gelegentlich schlaflose Nacht, sondern die Kulmination von Stress über längere Zeiträume.

Burn-out, die nächste Stufe, ist eine anerkannte Krankheit. Es gibt Situationen, wenn der Weg zum Arzt richtig und hilfreich ist.

Ich glaube jedoch, wohlgemerkt als Laie, dass Medikamente zusammen mit anderen Methoden und nicht isoliert eingesetzt werden sollten. Damit würde der Stress nach Absetzen der Medikamente nicht einfach zurückkehren, da die unterliegenden Symptome und Verhaltensweisen entdeckt und behandelt wurden.

Die zweite Methode, und das ist, die, die mich interessiert: den Lebensstil verändern. Es gibt offensichtliche Methoden Stress zu reduzieren, wie weniger arbeiten, weniger rauchen, weniger Alkohol und mehr Auszeiten einlegen.

Unglücklicherweise hilft unser Umfeld nicht zwingend, ist es doch so, umso mehr wir arbeiten, umso mehr Stunden wir besetzt sind, umso weniger Zeit wir haben – als umso produktiver werden wir betrachtet.

Wir haben damit akzeptiert, dass Stress zu unserem täglichen Leben gehört.

Seien Sie Vorbild

Sind Sie gestresst? Ihre Argumentation ist: „Ich muss doch für meine Familie sorgen.“ Aber was hat Ihre Familie von Ihnen, wenn Sie überarbeitet sind, keine starken Nerven haben oder in der Burn-out Klinik landen?

Möchten Sie, dass Ihre Kinder so leben wie Sie? „Nein“, sagen Sie höchstwahrscheinlich und ich sage, durch Ihre Vorbildfunktion bringen Sie Ihren Kindern genau das bei, was Sie vermeiden möchten.

Einige Methoden, wie Sie Stress abbauen, wie Sie besser mit aufkommendem Stress umgehen können und wie man sich davon erholt:

Stressen Sie sich

Gym und Sport ist Stress, zwar Eustress (positiv) im Gegensatz zum Disstress (negativ), aber trotzdem Stress. Das Gute ist, man hat die Kontrolle über seine Übungen und niemand würde sich 6 Monate am Stück, ohne Erholungspause, mit Sport stressen.

Aber es gibt Menschen, die sind 6 Monate oder für Jahre gestresst, ohne eine Erholungspause (ausser der Zwangserholung in der Klinik) einzulegen.

Um Ausdauer zu erhöhen, um Gedächtnis oder kognitive Fähigkeiten zu verbessern, trainiert man regelmässig – und zwar mit Pausen.

Stress ist dasselbe. Man erhöht seine Fähigkeit mit Stress umzugehen, wenn man sich stresst und danach erholt.

Dabei hilft Sport und Bewegung.

Stresst man sein Herz (das ist die Pumpe, ein Muskel) und erholt sich danach, dann erhöht man schrittweise seine Ausdauer. Und das reduziert Stress. Nachweislich. 

Atmen Sie richtig

Wenn man gestresst ist, dann sind Herzschlag, Blutdruck und Atmung erhöht.

Viele gestresste Menschen atmen flach, mehr aus dem Brustkorb, anstatt tief mit dem Zwerchfell zu atmen. Wenn man mit dem „Bauch atmet“, gelangt deutlich mehr Sauerstoff in die Lungen.

Tiefes, langsames Atmen beruhigt und macht Mut, beides hat stressabbauende Wirkung. Das nächste Mal, wenn der Stress überhand nimmt, atmen Sie ein paarmal tief (abdominal) durch und Sie werden erkennen, dass Sie damit ihr Verhalten kontrollieren. 

Lachen Sie mehr

Selbsterklärend. Können Sie sich vorstellen, dass jemand der aus vollem Halse lacht, gestresst ist? Erinnern Sie sich, als sie endlich Zuhause ankamen, und merkten, dass das Telefon oder die Brieftasche noch auf dem Kofferraumdeckel war, als Sie den Rastplatz vor einer halben Stunde verlassen haben?

Wenn Ihnen das schon mal passiert ist, dann haben Sie gerade geschmunzelt, damals sicher nicht.

Also, das nächste Mal, wenn Sie sich gestresst fühlen, nicht mit der Steuererklärung anfangen, Leonhard Cohen hören oder billigen Fusel trinken, sondern lieber heitere Gelassenheit an den Tag legen.

Geniessen Sie bewusster

Es gibt wenige Dinge im Leben, die, wenn langsamer und bewusster ausgeführt, nicht an Qualität gewinnen. Das nächste Mal, wenn Sie eine Traube essen, lassen Sie sich 2 Minuten Zeit, fühlen und beschreiben Sie den Geschmack, die Textur, welche Geschmacksnerven wo angesprochen werden. Das funktioniert beim Essen genauso wie beim Auto fahren, beim Spazieren gehen und in dem Moment, wo Sie feststellen, dass Sie gerade keine Erkältung haben.

Nehmen Sie sich Zeit und geniessen Sie. Das können wir von den buddhistischen Mönchen lernen. Beim nächsten gestressten Mittagessen, geniessen Sie das Erlebnis und denken Sie nicht gleichzeitig darüber nach, wie Sie das Problem im Mitarbeitergespräch um 16.00 Uhr angehen, oder ob Sie die Sommerreifen nicht lieber schon diese Woche montieren sollten.

Leben Sie im Hier und Jetzt. Vergessen Sie nicht, den Moment, den Sie gerade erleben, erleben Sie nur einmal. Gestern ist vorbei und morgen kommt, oder kommt nicht. Im Moment gibt es keinen Stress. Stress gibt es nur, wenn Sie über gestern nachdenken, oder sich vor der Situation morgen fürchten. 

Entspannen Sie Ihren Körper wirklich?

Nehmen Sie sich bewusst Zeit für sich. Tatsache ist, wir haben ca. 600 Muskeln in unserem Körper und deren natürlicher Zustand ist es, entspannt zu sein. Jedoch sind wir häufig angespannt und wir assimilieren uns mit dem körperlich verspannt Sein.

Nehmen Sie sich einen Moment Zeit und entspannen Sie sich. Scannen Sie Ihren Körper und finden Sie Muskeln, die Sie entspannen können. Wie lange sassen Sie so angespannt mit krummem Rücken vor dem PC?

Körperliche Entspannung hilft, die Gesundheit zu erhalten, Stress zu reduzieren und fördert guten Schlaf. Das ist nicht alles. Warum sehen die Menschen nach dem Urlaub so gut erholt aus? Weil sie entspannt sind. Manche jedoch entspannen erst auf dem Totenbett richtig.

Entspannen Sie Ihren Geist

Geist entspannen ist nicht dasselbe wie Geist berieseln. Ich liebe Fernsehen, geniesse gute Filme, spannende Dokumentationen; aber dies hilft mir nicht meinen Geist zu entspannen.

Entspannung ist etwas, was wir bewusst tun und nicht etwas, was einfach passiert.

Das kann Lesen sein, Spazierengehen, Unterhaltungen führen, oder Sport treiben, solange wir es bewusst machen und engagiert sind. Sehr selten sind wir beim TV engagiert, also alles zu seiner Zeit.

Ich empfehle Ihnen, sich mit Meditation auseinander zu setzen, und sagen Sie nicht, dass Sie dafür keine Zeit haben. Niemand hat mehr als 24 Stunden pro Tag. Zeit nimmt man sich, ist sie doch das Wertvollste was wir besitzen. 

Überprüfen Sie Ihre Werte

Wenn die Harmonie mit den eigenen Grundwerten fehlt, dann ist das Stress fördernd. Unsere Werte sind das Herz unserer Existenz, unsere Motivation und die Basis um glücklich zu sein.

Wenn es einen Weg zum Glücklichsein gibt, dann ist es der, in Einklang mit seinen Werten zu leben

 

Schlussbemerkung

Stress ist ein Thema, dass nicht mit ca. 2.400 Worten abgehandelt werden kann. Ich bin mir sicher Vieles übersehen zu haben, wie zum Beispiel die primären Erklärungen, „flüchten oder kämpfen“ und ähnliches.

Mein Ziel war es, Ihnen aufzuzeigen, dass Sie die Wahl haben. Sie müssen nicht immer gestresst sein und vielleicht haben Sie die eine oder andere Anregung gefunden.