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Wenn nicht jetzt, wann dann?

„Wenn nicht hier, sag mir wo und wann? Es wird Zeit. Komm wir nehmen das Glück in die Hand.“ Sätze aus dem offiziellen deutschen WM-Handball-Song 2007. Bei den Handballern hat es damals für Gold gereicht.

Wann fange ich an?

Lange hat es gedauert, bis ich den wahren Inhalt des Satzes „Heute ist der erste Tag vom Rest meines Lebens“ wirklich verstanden habe.

Da gab es Träume vom Baggerführer über den Piloten bis zum Astronauten oder Weinproduzenten. Doch Entwicklungsmöglichkeiten mögen verbaut sein mit Gedanken wie „Das bringt jetzt eh nichts mehr“, Das hätte ich, wenn schon, viel früher machen müssen“, „Dafür bin jetzt doch zu alt“,… Aber: Wer definiert Alter? Gibt es doch einige, die mit 50 geistig wie körperlich fitter sind als mancher Mitt-20er.

Ich nähere mich einer runden Alters-Zahl mit Riesenschritten und gebe zu, da ist ein WOW-Faktor. Es ist einfach kaum zu glauben: Die Jahrtausendwende war doch gerade erst; die Geschichte mit dem eventuellen Computer-Datum-Problem zum Jahreswechsel. Das ist doch erst ein paar Jahre her?

Time Magazin wählte das erste iPhone zur „Erfindung des Jahres“ im gleichen Jahr als die deutsche Handballmannschaft das letzte Mal den Weltmeistertitel gewann – in 2007.

Wo ist meine Zeit geblieben? Ist das alles? Was schreiben die auf meinen Grabstein? Als ich vor etwa einer Dekade anfing, über meine Zeit und mein Leben nachzudenken, kam ich zum Schluss, lieber etwas zu unternehmen, als Zeit damit zu verschwenden, darüber nachzudenken, wie viele Jahre vergangen waren. Damals war irgendwann „heute“ für mich. Heute ist „heute“ für mich und ich werde kaum je besser gerüstet sein als heute. Für den Weisen ist jeder neue Tag ein neues Leben.

Die Zeit nimmt keine Rücksicht auf mein Alter, die läuft einfach weiter.

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Als ich mich entschied, mein Leben zu ändern, hatte ich ein Problem: Ich hatte keine Zeit. Der Tag hat nur 24 Stunden, 8 brauche ich zum Schlafen, minus Essenszeit (3), Duschen, Zähneputzen, Bügeln und Anziehen (1), Dinge erledigen (1), Arbeiten (10) und Sex (0,1) – da blieb nur ‘ne Stunde oder zwei übrig, meistens weniger.

Der erste Schritt

Es galt also, eine Entscheidung zu treffen. Ich war mir darüber im Klaren, wenn ich etwas ändern will, dann muss ich mir dafür Zeit nehmen. Ich gehe damit eine Verbindlichkeit mit mir ein. Ich war reif dafür. Es ging mir nicht darum mein „Leben zu verbessern“, es ging mir mehr darum, „mein Leben zu retten“.

Die nächsten Schritte

Am Anfang war der Gedanke. Ich fing an über mich nachzudenken und stellte als erstes fest, dass sich die Frage “Was will ich eigentlich?” nicht spontan in einer Minute beantworten lässt. Wie üblich, wenn eine Frage zu schwierig zu beantworten ist, gilt es, eine andere, eine bessere Frage zu finden:

„Was ist wirklich wichtig für mich heute?“

Es ist wie beim GPS im Auto, damit es funktioniert, braucht es vier Dinge: Power (das Wollen), aktuelle Daten (die Realität), das Ziel (wohin?) und den aktuellen Standort (wo bin ich?).

Es war an der Zeit, meinen Lieblingsfüllhalter und ein (es wurden im Laufe der Zeit mehrere) unbeflecktes weisses Blatt Papier hervorzuholen und sogleich zu entscheiden, dass ich, was immer auch beim Denken herauskommen mag, ich für mich behalten kann.

Und dann ging‘s los:

Was möchte ich öfters in meinem Leben, was begeistert und inspiriert mich?

Was möchte ich weniger in meinem Leben, was toleriere ich und was schiebe ich auf?

Wenn ich mehr Zeit hätte, was würde ich anders machen und was wäre anders?

Wie gehe ich mit meinem Körper und meinem Geist um?

Wenn mehr Geld wichtig ist, warum ist das so?

Wenn Geld keine Rolle spielen würde, was würde ich tun?

Lebe ich mein Leben, was hält mich davon ab, ich selbst zu sein?

Ziel nach Nirgendwo? Was passiert, wenn ich nichts tue?

Wenn ich neu anfangen könnte, was würde ich anders machen?

Was hält mich heute zurück?

Wann habe ich mir das letzte Mal Zeit für mich genommen?

Wie fühlt es sich an, wenn ich zufrieden bin und was macht mich zufrieden?

Lebe ich mein volles Potenzial?

Trage ich etwas bei (Mitmenschen, Freunde und Familie)?

Was will ich heute kreieren?

Warum ist was wichtig für mich?

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Hat man mal angefangen, Fragen zu stellen, dann kommen interessanterweise immer neue hinzu. Schrittweise kommt man seinen Grundwerten näher und erkennt mehr und mehr „Was will ich eigentlich wirklich?“, „Wer bin ich?“, „Für was stehe ich?“

Sind die Fragen schwer zu beantworten? Was kann entdeckt werden? Vielleicht fühlt man etwas Melancholie oder Schwermut? Beinahe fühlt man sich überwältig. Man erkennt plötzlich die Grenzen der eigenen Komfortzone. Mir ging es auf jeden Fall so.

Mir wurde klar, dass das Leben zwar eine Reise mit unlimitierten Möglichkeiten und Herausforderungen ist. Es bieten sich beinahe jede Sekunde Möglichkeiten für die persönliche Weiterentwicklung. Aber: Wir haben nicht immer eine Antwort, wissen im Prinzip jedoch, wie wir uns fühlen wollen und das ist ein guter Start- und Standpunkt.

Verantwortung übernehmen

Schritt um Schritt lernte ich: Ich bin nicht nur der Schauspieler in diesem Oscar-verdächtigen Film, der sich „Mein Leben“ nennt, sondern auch der Drehbuchautor und vor allem auch der Regisseur. Es liegt nur an mir, ob mein Leben eine Komödie, ein Drama, ein Krimi, vom Winde verweht oder ein Abenteuerfilm wird.

Wann haben Sie das letzte Mal an Ihrem Drehbuch gearbeitet?

Es brauchte und braucht seine Zeit, Antworten zu finden. Und es war und ist mit Aufwand verbunden, sich mit sich selbst auseinanderzusetzen. Auf keinen Fall möchte ich jedoch meine wöchentlichen persönlichen Strategie-Sitzungen mit mir nicht vermissen. Sie führen zu mehr Aufmerksamkeit, zu mehr Achtsamkeit mit sich selbst und das erhöht die Lebensqualität und führt zu einem „enrichment of life“. Es ist einfach, aber wahr:

Es gibt nichts Gutes, ausser man tut es.

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